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Miklos Gimes, Journalist 
   
Zürich, 17. Januar 1994
  Blutgeil? 

Warum erzählt man kleinen Kindern kurz vor dem Schlafengehen Geschichten von mädchenfressenden Wölfen? Damit die diffusen Ängste dieser Kinder eine Form finden, ein Bild, an das sie sich klammern können. Nachher schlafen sie meistens gut ein. Gefährdet sind die Kinder, die vor Märchen und anderen Horrorgeschichten verschont wurden, hat Bruno Bettelheim aufgezeigt. Ihre Phantasie findet keine Nahrung, und es sind diese Kinder, die später zur blutigen Tat schreiten. 
Die Welt der Bilder ist in den letzten Jahren gewalttätiger geworden. Es ist keine Frage, dass damit die Hemmschwelle vor gewalttätigen Handlungen gesunken ist, wobei nicht übersehen werden darf, dass Erziehung, Umwelt und Familiuenstruktur eine enorme Rolle spielen. Wichtig ist auch das Umfeld, in dem gewalttätige Bildert erzeugt werden. Es ist ein Unterschied, ob David Cronenberg oder ob René O. (Anm: international bekannter Schweizer Kinderschänder) einen blutigen Horrorfilm macht, um hier zwei Extreme zu nennen. 

Die extreme Gattung innerhalb der Horrorfilme sind die "Splatter"-filme, die feines Gruseln durch Blut, Mord und Totschlag ersetzen. Das grosse Missverständnis besteht darin, dass die Geniesser von Splatterfilmen Perverse seien, die sich am Leiden anderer ergötzen. Meistens sind aber Splatter-Zuschauer sensible Menschen, die für ihre reiche Phantasie nach Bildern suchen. Das Video "Blutgeil" gehört zweifellos in die Gattung der Splatterfilme, wobei es dieses Genre parodiert. Geht man davon aus, dass es diese Gattung gibt und dass sie ihre Berechtigung hat, ist an "Blutgeil" überhaupt nichts auszusetzen. Das Umfeld, in dem der Film entstand, ist geprägt von der Lust und der Neugierde am Medium und nicht von finanziellen oder krankhaften Überlegungen. Der Ton des Films ist ironisch, er nimmt sich selber nicht ernst, was die blutige Seite noch einmal bricht. 
 
 

Mikos Gimes

 
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