Neue Vorarlberger Zeitung
2.12.94
Bei "Blutgeil" handelt es sich um ein knapp halbstündiges Filmchen, das sich selbst wohl als Parodie auf das Splatter-Genre versteht: Zwei Polizisten stürmen Rambo-like ein besetztes Haus und töten mehrere Personen, worauf die beiden Polizisten ihrerseits von den anderen Hausbewohnern ausgeknipst werden und als Festbraten auf dem Esstisch der Sponti-WG landen. Umfeld der Wohlgroth-Szene Die Autoren und die Darsteller des 1993 entstandenen Films kommen aus dem Umfeld der Wohlgroth-Szene, einem aus einer Hausbesetzung entstandenen Kultur- und Kommunikationszentrum in Zürich, das über mehrere Jahre hinweg Kulturarbeit für jene geleistet hat, denen die bekannte Rote Fabrik schon als bereits leicht bourgeoiser Bestandteil des Establishments erscheint. Dies freilich ist der Grund dafür, dass die Zürcher Polizei, respektive deren politische Abteilung regelrecht ausflippte, indem die an dem Film Beteiligten mit Anzeigen und Stafverfahren überzogen wurden. So gab es unter anderem eine Hausdurchsuchung, das Video "Blutgeil" wurde beschlagnahmt und in der Öffentlichkeit (wobei das Revolverblatt "Blick" ein besonders beflissener Abnehmer war) die Mär verbreitet, dass es sich bei den Filmemachern um drogensüchtige Terroristen handelt, die dem Kannibalismus (oder heisst es Kannibullismus?) frönen. Besinnungslose Staatsmacht Über die Filmqualität kann man sich heute abend im Konki überzeugen. Rein künstlerisch halte ich "Blutgeil" für einen Schas. Das Interessante an ihm sind die Vorgänge, die er bei einer besinnungslosen Staatsmacht, nur 120 Kilometer von uns entfernt, ausgelöst hat. Claudius Baumann
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