Seminar für Filmwissenschaft
der Universität Zürich
Leitung: Prof. Dr. Christine N. Brinckmann 14. Januar 1994
Stellungnahme zum Film "Blutgeil" Es handelt sich bei diesem Streifen um ein fiktionales, parodistisches, ironisches Insider-Produkt, das sich genremässig auf die Gattung der "Splatter" bezieht. Irrealität und beabsichtigter Unernst sind an vielen Indizien ablesbar, insbesondere am Gestus der Übertreibung und an den deutlich mit Schlachthof-Materialien und Tomatenblut dekorierten Körperverletzungen, die nicht auf Glaubhaftigkeit angelegt sind. Dass hier nicht ernsthaft die Polizei verunglimpft werden soll, zeigt sich auch daran, dass die eigenen Leute aus der Szene mindestens genauso unvorteilhaft ins Bild gesetzt sind wie die Polizisten - als eine Art Parodie der Vorurteile, die man andernorts gegen sie hegen könnte. Die Gestaltung des Films mag geschmacklos
sein, spätpubertär und dilettantisch anmuten. Als eine Gefährdung
der öffentlichen Sicherheit, als Aufruf, Polizisten zu schlachten,
oder als Beitrag zur emotionalen Verrohung der Gesellschaft ist das Werk
jedoch nicht einzustufen. Die Polizei war schlecht beraten, die Sache derart
hochzuspielen. Indem man den Zensurparagraphen heranzog - ein ohnehin zweifelhaftes
Instrument der Kontrolle, das schwerwiegend in das Recht der öffentlichen
Meinungsäusserung und künstlerischen Freiheit eingreift - hat
man dem Prinzip "Kanonen gegen Spatzen" gehuldigt.
Prof. Dr. Christine N. Brinckmann |