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Die zweite Woche
     
   
     
    Montag, 27. März 2000 >>> Tag 8
     
Seelenlos ruft seinen RA an mit dem Auftrag, den Hausarzt zu kontaktieren. Obwohl dieser das Arztzeugnis von Seelenlos am vergangenen Freitag zum zweiten Mal verschickte, scheint es noch immer nicht im Flughafengefängnis eingetroffen zu sein. (Behauptet zumindest Dr. Holy.) Erneut faxt der Hausarzt das Zeugnis z.Hd. Strafvollzug. Zermürbungstaktik wie im Gulag. 
   
     
     
    Dienstag, 28. März 2000 >>> Tag 9
     
 Besuchstag im Flughafengefängnis. Jeder Gefangene darf pro Woche 1 Stunde Besuch empfangen. Alle 2 Wochen darf er 10 Minuten privat  telefonieren. Gaben dürfen laut Verordnung nur ab Mitte der geraden Monate (d.h. Feb. / April / Juni / Aug. / Okt / Dez. 10. - 22.) dem Gefangenen überreicht werden. Pech für den vom 20.3. - 21.4.00 inhaftierten Künstler Seelenlos. Die Akten zum Fall "Blutgeil" und Geld jedoch passieren problemlos und werden dem Gefangenen mit den üblichen paar Tagen Verspätung ausgehändigt. Dann lässt der Portier hinter der Scheibe im Wachraum mit den viele farbigen Überwachungsmonitoren den Besucher ins Innere. Obwohl es beim Gang durch den Metalldetektor zwar piepst, schnappt trotzdem die Türe zum Besuchervorraum auf. Der begleitende Beamte öffnet die Türe zu einer Besucherkabine, der Besuch tritt ein, worauf der Beamte von aussen wieder abschliesst. An der gegenüberliegenden Wand der mit einer Glasscheibe getrennten Kabine öffnet sich dann die Türe, worauf der gefangene Künstler Seelenlos eintritt und sich vor die Gegenseite der Scheibe setzt. Sein Gesicht sieht eingefallen und bleich aus. Ein vergitterter Luftschacht unterhalb der Glasscheibe ermöglicht ein leidliches Gespräch. 

Seit Freitag, 24.3. 07.30 Uhr (vgl Brief 5  vom 24.03.00) wurden die Vitamintabletten nun doch bewilligt. Obwohl sein Zahnfleisch erschreckend geschwunden ist, meint Seelenlos, mit genügend Vitamin C gehe es nun hoffentlich wieder aufwärts (vgl. Brief 7 vom 27.03.00).  Läppische 5 Tage lang wurde er abgewimmelt, bis endlich der angeforderten  3 Polaroidfotos als Beweis für seinen Zahnfleischschwund geknipst werden konnten. Seit Haftbeginn wurden ihm bis heute 1 Apfel, 1 Banane, 3 Salatblätter und 1 Stück Melone ausgehändigt, soviel zum Thema gesund durch natürliche Vitamine. Das Essen im Flughafengefängnis sei Folter. "Wenn ich's richtig mitgekriegt hab, krieg ich nun noch 1 Liter Orangensaft für die ganze nächste Woche. Hoffe, das wird ein Nachspiel haben." (vgl. Brief 8 vom 29.03.00 

Mittlerweile aber wurde der Laptop (keine Disketten!) plus sage und schreibe 2 (in Worten: zwei) Bücher endlich bewilligt, so dass der gefangene Künstler allen Widrigkeiten zum Trotz seine Arbeit zumindest teilweise doch wieder aufnehmen konnte. (vgl Brief 6 vom 25.03.00, Brief 7 vom 27.03.00 

Ausschnitte aus dem Brief 4 vom 26.03.00 geben Aufschluss über Gründe und Rechtsgrundlagen seiner Verlegung vom Vollzugszentrum Urdorf ins Flughafengefängnis, das "unter den Zürcher Haftanstalten einen ziemlich schlechten Ruf hat. Versetzung dorthin gilt als zusätzliche Strafe für renitente Gefangene aus anderen Anstalten." Das Vollzugzentrum Urdorf stützt sich dabei wahrscheinlich auf § 6 ("Beizug der Polizei") der Verordnung über die Bezirksgefängnisse 

    "Ist bei Störungen der Gefängnissicherheit Hilfe von aussen erforderlich, verständigt der Verwalter die Kantonspolizei, die die erforderliche Unterstützung leistet. Er zieht sie auch für Transporte von flucht- oder gemeingefährlichen Gefangenen bei."   
    (Hervorhebungen durch Seelenlos)
Aus Brief 4 vom 26.03.00 aus dem Flughafengefängnis:  
    "Was glaubst du wie viele Kapos in Urdorf aufkreuzten und wer mich hierher brachte? (In Handschellen) (Hä?) Nach dem, was ich sah mindestens 1 Sixpack, eher mehr. Der eine kam auch noch rein und meinte, wenn ich jetzt nicht pariere, dann würden sie noch mehr holen und "Gewalt anwenden". (Wenn das nun keine Bomben-PR für die harmlose kleine Kunst-Aktion dort vor dem Tor ist ... Wusste gar nicht, dass Kunst gewalttätig und gemeingefährlich ist ... ganz zu schweigen von der Sicherheit ... man lernt nie aus hierzulande ... freu mich schon jetzt dereinst die Fichen über diesen Spass zu lesen.)" 
Nach exakt einer Stunde geht die gegenüberliegende Tür auf und ein Wärter holt Seelenlos ab, begleitet ihn zurück in seine Zelle. Der Besucher seinerseits drückt auf einen Klingelknopf, worauf ein Beamter die Türe aufschliesst und einem zurück nach draussen weist. Aufatmen, wenn das  schwere Gittertor ruckelnd zur Seite rollt. Will dann der geneigte Besucher noch ein Erinnerungsfoto fürs Album von diesem imposanten Gefängnisbau knipsen, so soll er sich unbedingt Zeit dafür nehmen...  
  
   
...denn es kann sein, dass zufälligerweise just in dem Augenblick ein Streifenwagen der Flughafen-Sicherheitspolizei heranrollt und eine ausgedehnte Personenkontrolle durchführt. Dann fahren vielleicht auch noch ihre zivilen Kollegen vor, mit etwas Plaudern verstreicht da schnell eine halbe Stunde.   
   
     
     
    Mittwoch, 29. März 2000 >>> Tag 10
     
Brief 7 vom 27.03.00 liegt in der Post. Trotz Gefängnis-Alltag versucht er sein Arbeitspensum zu erledigen. 
   
     
     
    Donnerstag, 30. März 2000 >>> Tag 11
     
Jeden Tag 1 Stunde Hofgang
   
     
     
    Freitag, 31. März 2000 >>> Tag 12
     
RA erhält  Beschwerde 2  von Seelenlos gegen die Leitung des Vollzugszentrum Urdorf. "Mutwilliges Unterlassen der gebotenen Sorgfaltspflicht" wird vorgeworfen, weil bei der Versetzung ins Flughafengefängnis wichtige Akten nicht weitergeleitet wurden. So das Gesuch um Selbstbeschäftigung (gemäss § 74 Verordnung Bezirksgefängnisse), wie auch das Arztzeugnis, weshalb Seelenlos im Flughafengefängnis "diverse gewichtige Nachteile widerfahren, die in krassem Gegensatz zu diversen Bestimmungen stehen". Gespannt wird hierzu die Stellungnahme vom Vollzugszentrum Urdorf erwartet, wo man sich aber Zeit lässt: Auf Beschwerde 1 liegt noch immer keine Stellungnahme vor! Aber vielleicht ist ja das Faxgerät an allem schuld (vgl Beschwerde 2).  
  
  
Schau dem Künstler ins Maul:
  
  
   
     
     
    Samstag, 1. April 2000 >>> Tag 13
     
Brief 8 vom 29.03.00 enthält eine interessante Sammlung von Floskeln, mit denen er im Flughafengefängnis abgespiesen wird, die einen aufschlussreichen Einblick in die Psyche der Aufseher ("Schliesser"), und insbesondere des Gefängnisarztes Dr. Holy (von den Insassen liebevoll "Dr. Mengele" genannt) zulassen:  
  
  • "Das müssen Sie erst nochmals schriftlich beantragen."
  • "Leider hatten Sie während der Arztvisite gerade Besuch, und da wollten wir prinzipiell nicht stören."
  • "Wir müssen leider die Formulare schon 2 Tage früher einziehen, damit am Stichtag alles bereit ist."
  • "Doch, wir haben Sie nicht vergessen."
  • "Geht halt alles streng nach Vorschrift bzw ist aus verwaltungstechnischen Gründen leider nicht möglich."
  • "Kommen Sie in einer Woche wieder."
  • "Wir tun, was wir können, doch leider können Ihre verfassungsmässigen Rechte aus Sicherheitsgründen nicht gewährleistet werden."
  • "Ich könnte Ihnen jedoch ein Beruhigungsmittel verschreiben."
  • "Tut mir leid, der Schalter ist geschlossen."
  • "Wir ziehen das Essgeschirr ein, wann wir es einziehen."
  • "Wenden Sie sich an den Chef, doch der hat leider gerade Sitzung, und morgen ist kein Werktag."
  • "Tut mir leid, ich habe mich geirrt."
  • "Leider können wir da keine Ausnahme machen."
  • "Schreiben Sie einen Hausbrief."
  • "Da bin ich nicht zuständig."
  • "Meine Herren, es ist Zeit. Sie wissen genau, wann Sie wieder telefonieren können."
  • "Ich arbeite nicht den ersten Tag im Knast, und wenn ich sage, der Chef wird das dann in 2 oder 3 Tagen machen,so ist das wohl Begründung genug."
  • "Gehen Sie jetzt zurück in Ihre Zelle."
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    Ironie des Schicksals 
      "Der eine Schliesser bringt echt laufend MEINE Dialoge aus BLUTGEIL!!! Sogar der richtige Tonfall!! Und ich dacht immer wir hätten übertrieben... ." (vgl Brief 8 vom 29.03.00)
    Doch er hält fest, dass es auch im Gefängnis eben so wie überall ist und viele Aufseher nicht mal, bis gar nicht übel seien:  
      "Es gibt Leute, die sind auch fair, wenn sie am Drücker sind, und dann gibt's die anderen, und ein bisschen haben wir alle von beiden in uns. Ok, mittlerweile wissen alle: Ein Scheiss, und sie landen auf der Homepage, und Rechtsanwältin Barbara Hug klopft ihnen womöglich noch zusätzlich paar auf die Eier. Die einen sind trotzdem herzlich und bei den andern seh ich schon, dass sie sich ziemlich krampfhaft beherrschen müssen. Doch ich schätz die Antipathie beruht auf Gegenseitigkeit. Ich versuch's dann immer von der sportlichen Seite her zu sehen, und notfalls gibt's halt ne rote Karte sprich Beschwerde oder gleich ne ganze Wagenladung von. Hab schon gegen 20, wenn's sein muss." (vgl Brief 8 vom 29.03.00
       
         
         
      Sonntag, 2. April 2000 >>> Tag 14
       

    "Zelle riecht immer noch wie n umgekippter Aschenbecher. Ausser wenn ich gekackt hab. Dann nach Schweinestall. Hab gedacht mit Vegi wird's wohl besser, doch wenn du denkst usw. Naja, wenigstens n kleines bisschen. Trotzdem, denk wär niemand traurig, wenn Restorama Konkurs ginge. Oder ne MD-11 drauf kracht. Wenigstens brauch ich bei dem Bauchweh sonst nix mehr um dauertilt zu sein. Ich weiss, das Thema ist langsam abgelutscht, doch der Frass hier ist schlicht Folter. Quasi die Fortsetzung von Iso-Haft und mit anderen Mitteln. Wissen schon weshalb's hier keinen Esssaal gibt. Nix leichter als dort n Aufstand anzuzetteln, aber richtig." (vgl Brief 6 vom 25.03.00)  

         
         
         
     F O R T S E T Z U N G :
    Die dritte Woche
     
     

    No.  6'666'667

     
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