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Seelenlos
c/o SSI 
Pf2122 
8031 Zürich 
ab 20.3 c/o Vollzugszentrum Urdorf 
 
                Justizvollzug des Kantons Zürich 
                zH Geschäftsleitung 
                Stauffacherstr. 94/96 
                8090 Zürich 
                Fax 291 09 38 
                 
                  Zürich, den 19.3.00
Beschwerde gegen Leitung Vollzugszentrum Urdorf  
  
Sehr geehrte Damen und Herren  

Ich bin auf 20.3. zur Verbüssung einer 33-tägigen Haftstrafe im Vollzugszentrum Urdorf aufgeboten. Um einige Formalitäten zu klären und einen für alle Seiten möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten nahm ich vorgängig mit dem Vollzugszentrum Kontakt auf. 

(Ich verweise hierzu u.a. auf mein Schreiben vom 19.2., das Schreiben von Herr Egger vom 28.2., mein Telefongespräch mit Herr Egger am 6.2., sein Schreiben gleichen Datums sowie auf mein Gespräch mit Herr Ferraturi in Urdorf vom 14.2 und mein  Telefongespräch mit ihm vom 15.3.,  meinen Fax ebenfalls vom 15.3., sowie erneutes Gespräch vom 19.3.)  
 

Mein Anliegen war, mich zu informieren über  

- die gültige Hausordnung sowie die konkret zugelassenen Effekten, um weiterhin meiner täglichen künstlerischen Arbeit nachgehen zu können,  

- die Frage der Versorgung mit adäquater Ergänzugsernährung aus gesundheitlichen Gründen sowie nach der  

- Möglichkeit, meine physiotherapeutische Gymnastik durchführen zu können (vgl Schreiben 19.2).  
 

Leider war trotz all meiner Bemühungen gerade der wenigstens der letzte Punkt verbindlich zu klären sowie der definitive Bescheid, ich würde 

- nicht mehr als 5 Bücher oder CDs nebeneinander benutzen dürfen. 

Was nebenbei bemerkt nicht nur einem kulturell arbeitenden Menschen gegenüber einen vorsätzlichen Tiefschlag bedeutet, sondern jeder auch nur halbwegs zivilisierten Vorstellung von Meinungsfreiheit und Menschenwürde schlichtwegs spottet.  

Unter diesen Umständen kann ich unmöglich in Würde literarisch und künstlerisch arbeiten und meinen angestammten Tätigkeiten nachgehen. Was laut dem betreffenden Mitarbeiter auch gar nicht erwünscht ist, Begründung: Es sei nicht Sinn und Zweck meines Aufenthalts im Vollzugszentrum, dass ich mich "hier ausbreite und wohlfühle" (Gespräch 14.3. sowie Tel 15.3.) 

Ein Computer wurde mir bis heute nicht definitiv bewilligt. Nachdem es zuerst zwei Wochen lang hiess, ich würde eine Bewilligung erhalten können, war dies am 15.3. plötzlich nicht mehr möglich mit der Begründung, der Computer dürfe keinen "zu grossen Bildschirm haben", wobei der Mitarbeiter nicht fähig oder willens war, mir zu sagen, welche Monitorgrösse denn maximal erlaubt sei.  Auch ein erneutes Gespräch vor Ort am 19.3. führte diesbezüglich zu keinen neuen Ergebnissen. 

Unter diesen Umständen ist es mir nicht möglich, Vorkehrungen zu treffen und beispielsweise einen in Frage kommenden PC auszuleihen.  

Ich protestiere aufs schärfste gegen diesen beschämenden Versuch, die künstlerische Freiheit zu verbieten, obwohl das Recht auf Meinungsfreiheit auch in der Schweiz in der Bundesverfassung verankert ist.  

Es stellt sich für mich zudem die Frage, ob diese ewig changierenden unverbindlichen Auskünfte nicht letzlich erfolgen, um mir ebensolche Möglichkeiten sowie auch das Einhalten von Fristen (siehe unten betr. Arztzeugnis) und damit die Ausschöpfung der mir zustehenden Rechtsmittel etc böswillig prinzipiell zu verunmöglichen.  

Ich erlaube mir, hierzu vorerst zwei weitere Beispiele aufzuführen:  

- Am 19.2. bat ich wie eingangs erwähnt schriftlich um eine Hausordnung 
Mit Datum vom 28.2. erhielt ich schliesslich eine - allerdings die falsche, nämlich diejenige für Halbgefangenschaft. Als ich diese am 2.3. erhielt, stutzte ich und erkundigte mich umgehend telefonisch, bekam jedoch Bescheid, es gäbe nur diese eine Hausordnung.  
Als Herr Egger am 6.3. für mich telefonisch erreichbar war, gab es dann plötzlich doch noch eine andere Hausordnung, welche ich gegen Ende der Woche erhielt - allerdings ohne das dazugehörige Merkblatt "Besuche", welches mir auch anlässlich meines Gesprächs in Urdorf am 14.3. auf entsprechende Bitten meinerseits hin zwar wiederholt versprochen, schlussendlich jedoch erneut nicht ausgehändigt wurde.  
Am Eintrittstag wird dann hingegen von mir verlangt, dass ich alles kurz überfliege und anschliessend mit meiner Unterschrift bestätige, alles zur Kenntnis genommen zu haben.  

- Bis am 15.3. wurde ich bei sämtlichen Gesprächen im Glauben gehalten, ich habe mein Arztzeugnis am Eintrittstag mitzubringen. Heute wird mir plötzlich eröffnet, ich hätte es überdies vorgängig dem Amtsarzt einzureichen gehabt.  

Meiner Ansicht nach ist ein solches Verhalten wohl kaum rechtskonform und schon gar nicht EMRK-kompatibel. Nachdem auch der Versuch eines persönlichen Gesprächs wie erwähnt nichts gefruchtet hatte, bat ich deshalb das Vollzugszentrum am 15.3. per Fax um eine Stellungnahme bzw um Zusendung einer rekursfähigen Verfügung - ohne bis heute irgendeinen Bescheid erhalten zu haben. Auch ein erneutes Gespräch am 19.3. ergab diesbezüglich wie erwähnt leider keine neuen Anhaltspunkte. 

Aus diesem Grund sehe ich mich bedauerlicherweise gezwungen, hiermit bei Ihnen Beschwerde einzureichen mit der Bitte, obige Sachverhalte abzuklären und und mir innert nützlicher Frist eine verbindliche bzw rechtskonforme Auskunft zu erteilen. 

Für Ihre Bemühungen danke ich Ihnen im Voraus. 

Mit freundlichen Grüssen 
 

Seelenlos 
  
 

Kopie an RA B. Hug

 
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