Nach
einer Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl haben
die Bewohner Strafanzeige eingereicht.
Von
Peter Johannes Meier
Es
begann ganz harmlos: Zwei Vermesser einer Baufirma verlangten
Zutritt in das Haus am Kreuzplatz. Die Liegenschaft
ist ein Abbruchobjekt und soll einer umstrittenen Überbauung
mit 23 Wohnungen weichen (TA vom Dienstag). Die Männer
wurden eingelassen. Auf dem Dach markierten sie die
Stelle, wo später ein Visiermast für das Baugespann
installiert werden sollte. Sie kündigten an, in
den nächsten Tagen für die Montage des Mastes
noch einmal vorbeizukommen. Von den Bewohnern wurden
sie gebeten, sich dafür anzumelden, da sie unregelmässig
arbeiteten. Das war im vergangenen August.
Elf
Tage später wurden die Bewohner aus dem Schlaf
gerissen: «Aufmachen, Polizei, oder wir treten
die Tür ein.» Das war bereits geschehen,
als sich die verdutzten Bewohner noch in Unterhosen
mit zwölf Polizisten konfrontiert sahen. Auf die
Frage nach einem Hausdurchsuchungsbefehl bekamen sie
die Antwort: «Wir brauchen keinen.» Sie
müssten den Zugang der Bauleute zum Dach sichern,
soll ein Beamter gesagt haben.
Ohne
Mietverträge
Das
Abbruchobjekt wird bereits seit drei Jahren ohne schriftlichen
Mietvertrag bewohnt. «Wir bezahlen Strom, Wasser
und alle anderen Gebühren. An einem Mietvertrag
zeigte der Hausbesitzer von Beginn an kein Interesse»,
erklärte ein Bewohner. Seit März 2000 werden
gar alle vom Neubau betroffenen Liegenschaften am Kreuzplatz
ohne Mietvertrag bewohnt. Alle Mieter - mit Ausnahme
eines Ladenlokals - hatten die Kündigung erhalten,
obwohl der Zeitpunkt des Baubeginns bis heute offen
ist.
Bei
ihrer Aktion beschränkten sich
die Polizisten nicht
auf
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«Sicherungsaufgaben
für den Bautrupp»,
sondern schwärmten im Haus aus und beschlagnahmten
diverse Gegenstände. Einer der Beamten fotografierte
in der Stube und im Arbeitsraum. «Nach etwa einer
Stunde durften wir uns anziehen», sagte ein Bewohner.
Auf dem Dach fällten Polizeibeamte mit einer Motorsäge
zahlreiche Pflanzen, darunter Hanfkraut. «Dafür
gab es absolut keinen Grund. Die Pflanzen waren kein
Hindernis für die Montage des Visiermastes»,
nervt sich ein Bewohner. Nachdem die Bauleute den Mast
installiert hatten, verliessen die Beamten das Haus
- um nach zwei Stunden zurückzukehren und noch
mehr Fotos zu machen. Da beschloss ein Bewohner, die
Aktion seinerseits fotografisch festzuhalten. Der Film
wurde konfisziert. Einige der beschlagnahmten Gegenstände
- ein Protokoll existiert nicht - wurden später
zurückgegeben, andere offenbar vernichtet. Ein
Fehler der Putzfrau, soll der zuständige Beamte
einem Bewohner erklärt haben.
Keine
Antwort von der Kripo
Zwei
von ihnen schalteten darauf eine Anwältin ein.
Die verlangte von der städtischen Kriminalpolizei
eine Erklärung darüber, auf welche gesetzlichen
Grundlagen die Polizei ihre Aktion abzustützen
gedenke. «Bis heute habe ich keine Antwort erhalten»,
sagte gestern Rechtsanwältin Barbara Hug. Bereits
Ende November hatte sie Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs
gegen die Polizeibeamten eingereicht. Der für die
damalige Polizeiaktion verantwortliche Leiter der inzwischen
aufgelösten Fachgruppe Brand und Anschläge,
Erwin Zünd, wollte keine keine Stellung
nehmen, da es sich um ein laufendes Verfahren handle.
Die
Bewohner der Liegenschaft sind überzeugt, dass
mit der Aktion die Bewohner eingeschüchtert werden
sollten: «Man wollte uns wohl zeigen, dass wir
ohne Mietverträge auch jederzeit von der Polizei
besucht werden können. Doch ein ohne Mietvertrag
bewohntes Haus ist noch lange kein rechtsfreier Raum.»
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