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D
e m o k r a t i e f ü r F
o r t g e s c h r i t t e n e
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"Was
geschieht,
wenn die Polizei einen Velofahrer beobachtet,
der ein Rotlicht überfährt?"
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Antwort
a) |
Nichts. |
Antwort
b) |
Ordnungsbusse
wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln im
Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27
Abs. 1 SVG und Art. 68 Abs. 1 SSV. |
Antwort
c) |
Ein
Schlag auf den Hinterkopf! |
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U
n s e r R e c h t s s t a a t i
n A k t i o n
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Auflösung: |
11
Stiche sind nur der Anfang ... |
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Velokontrolle:
Polizist sieht rot! |
Ein
Grossteil der auf PigBrother dokumentierten Fälle von
Polizeigewalt dreht sich um Polizeiwaffen und ihr nicht immer reglementkonformer
Einsatz im sog. "unfriedlichen Ordnungsdienst".
Missbräuchliche und unverhältnismässige Polizeigewalt
ist jedoch buchstäblich eine (oft unterschätzte
und selten dokumentierte) Alltags-erscheinung.
JedeR weiss es eigentlich, dass es sie gibt -- doch meist denken
wir lieber nicht daran und hoffen heimlich, dass es wenn schon,
dann lieber jemand andereN trifft.
In solchen Fällen sind die Opfer meist allein mit
ihren Peinigern. Dementsprechend schlecht sind ihre Aussichten
im Moment des Übergriffs wie auch im zu 99,81%
(!) vergeblichen Versuch, wenigstens nachträglich gegen
die Gewalttäter vor Gericht Recht zu bekommen.
Ein weiterer Grund, weshalb 94% der Opfer schon gar nicht
erst Anzeige erstatten und so auch ausserhalb der Wahrnehmung
der kommerziellen Medien bleiben: Zeigt jemand einen Beamten
an, so folgen Gegenanzeigen so sicher wie das Amen in
der Kirche. In der Regel wird dann das Opfer (nicht zuletzt
aufgrund von Falschaussagen der involvierten BeamtInnen) innert
Jahresfrist (vor-)verurteilt, während das Verfahren gegen die eigentlichen Täter
erfolgreich verschleppt und nach zig Rekursen schliesslich eingestellt wird.
Siehe z.B. die Fälle von Nicky M., der seinen
Peinigern noch 7'500.-- Franken zahlen musste; Eldar S., dessen
Peiniger schon ein Jahr vorher ungestraft einen anderen "ausländischen
Drogenhändler" invalid geprügelt hatten, oder
Martin Shaw, der wegen fehlbaren, aber nach 2 Jahren prompt
freigesprochenen Beamten 25 Meter in die Tiefe stürzte,
während Martin selbst in weniger als Jahresfrist wegen
"Gefährdung des Lebens" verurteilt wurde -- jedeR
kann sich selbst ausmalen, wie die Verfahren ausgegangen wären,
wäre der Tatverhalt umgekehrt gewesen...
Immerhin schafften es die erwähnten Fälle wenigstens
an die Öffentlichkeit. In der Regel wissen jedoch
lediglich das Opfer selbst und seine nächsten Bekannten von den offiziell
als "Ausnahmen" und "Einzelfälle" schöngeredeten
Übergriffen (plus natürlich die fehlbaren BeamtenInnen
und ihre sie deckenden "sauberen" KollegInnen). Auch
im vorliegenden Fall wäre es nicht anders gewesen, wäre
nicht zufällig jemand von PigBrother Zeuge gewesen ...
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Donnerstag
17. Mai 2007, kurz nach 22 Uhr: Zwei Polizeibeamte der Stadtpolizei
kontrollieren einen Velofahrer in der Zürcher Innenstadt,
weil dieser angeblich ein Rotlicht überfahren haben soll.
Wie so oft eskaliert die Situation mit fatalen Folgen:
(vgl. 20min 17.09.07: "Du hältst jetzt sofort
an, du Arschloch")
Der mit Handschellen gefesselte Velofahrer
wird von einem Wachtmeister der Abteilung Spezial für
Intervention brutal zu Boden geschlagen und muss in den
Spital eingeliefert
werden.
Laut Opferprotokoll sowie Zeugenaussagen folgte ein VW-Bus der Stadtpolizei
Zürich in der Nähe der Bahnhofstrasse einem Velofahrer. Über
Lautsprecher wurde er aufgefordert am Strassenrand anzuhalten, was er
auch umgehend befolgte. Zwei Polizisten entstiegen dem Fahrzeug, warfen
dem
Velofahrer vor, er habe ein Rotlicht überfahren und wollten
deshalb seinen Ausweis kontrollieren.
Den Velofahrer beschlich in diesem laut eigener Aussage Moment eine scheinbar
unbegründete Angst vor den beiden Beamten. Weil er keine Papiere
auf sich trug, gab er deshalb eine unkorrekte Adresse an, die
der jüngere Polizist über Funk im Polizeifahrzeug überprüfte,
während der ältere einen Alkohol-Blastest durchführte mit
negativem Ergebnis.
Der jüngere Polizeibeamte - Wachtmeister der Abteilung Spezial
für Intervention, die seit dem 1. April 2006 mit einem Budget
von 33 Mio. Fr. Schwerstkriminalität wie Geiselnahme oder
Banküberfälle «repressiv
bekämpft» - fand selbstverständlich heraus, dass
er genasführt wurde.
Der Velofahrer versuchte seinen Fehler noch auszubügeln, gab
ungefragt die Lüge zu und wollte die richtige Adresse nennen, vergeblich.
Darauf ging der erzürnte Polizist gar nicht mehr erst ein, sondern fesselte umgehend mit Handschellen den
Velofahrer und begann eine grobe Personenkontrolle. Mit der einen
Hand hebelte er die gefesselten Arme auf dem Rücken des Verdächtigen
an, während er mit der anderen dessen Hosentaschen kontrollierte,
als der Velofahrer vor Schmerz zu schreien begann: "Aua,
das tut weh! Sie tun mir weh!" (Vgl. weiter unten Verletzung
3. Handgelenk)
Der Polizeibeamte schlug darauf mit einem geübten Wurf
den wehrlos Gefesselten zu Boden, wo dieser kopfvoran mit voller
Wucht auf den Asphalt knallte und bäuchlings bewusstlos liegen
blieb. Trotzdem setzte ihm der Polizist noch ein Knie in den Rücken und
schrie ihn an: "Du tust, was ich dir sage!"
Als sich um den Kopf des gefesselten Velofahrers eine grosse Blutlache bildete,
packte der Polizist den Bewusstlosen, lehnte ihn sitzend gegen einen Strassenpfosten,
holte den Santitätskoffer aus dem Dienstfahrzeug und streifte
sich Gummihandschuhe über.
In diesem Moment erwachte der junge Mann verstört aus seiner Bewusstlosigkeit,
brach vor Schmerz und Angst in Tränen aus und
bat die Polizeibeamten einen Krankenwagen zu rufen. Stattdessen
fuhr eine Viertelstunde später ein Gefangenentransporter vor,
der den vor Elend zitternden Velofahrer auf die Wache verbrachte.
In einer Arrestzelle musste er sich bis auf die Unterhosen ausziehen,
seine Fingerabdrücke wurden genommen, erst dann konnte
ihn die Sanität ins Spital fahren.
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Die
Verletzungen
Der Befund der Chirurgischen Klinik des
Spital Triemli Zürich lautete:
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Merke:
Alle Verletzungen wurden erst nach der Fesselung
mit Handschellen dem wehrlosen Opfer
beigebracht. Das Opfer leidet unter
den psychischen Folgen dieser Folter noch
heute.
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1.
Rissquetschwunde
Hinterkopf rechts, mit 11 Stichen genäht |
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2.
Schürfungen
Knie beidseits
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3.
Schürfungen
Handgelenke beidseits (von den Handschellen)
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4.
Kontusion
rechte Schulter
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5.
Kopf
Hämatom frontal rechts und Wange rechts
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Sind
Polizisten Präsidentensöhne? |
Versuch
einer Strafanzeige
Das
Opfer versuchte das Vorgefallene am 18.5.07 bei der
Kantonspolizei im Hauptbahnhof (Sihlporte) anzuzeigen.
Die dort anwesenden Polizisten nahmen die Anzeige
jedoch nicht entgegen, sondern lachten ihn sogar noch
aus bzw.
verwiesen ihn an die Ombudsfrau bzw. das Polizeikommando
/ Rechtsschutz, was aber nicht korrekt war.
Strafanzeige
Im Namen
des Opfers erstattete am 7.6.07 seine Rechtsvertreterin
Strafantrag und Strafanzeige gegen
den misshandelnden Polizeibeamten (Dienststelle
SPZ-SP-IE-WSP EZ, Förrlibuckweg, Puls
5) betreffend Körperverletzung und Amtsmissbrauch etc.
Einstellung
durch Staatsanwaltschaft
Unter grosszügiger Übernahme der Kosten auf die Staatskasse
stellt die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl die Strafuntersuchung
am 5.8.08 ein. Dem angeschuldigten Polizeibeamten
könne kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen
werden,
weshalb
er Anspruch auf Entschädigung habe und ihm die Anwaltskosten von Fr. 2'381.-- auszurichten sei.
Rekurs
gegen die Einstellungsverfügung
Am 23.9.08 erhebt die Rechtsanwältin des Opfers Rekurs
gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft
Zürich-Sihl und weist auf eklatante formelle
Mängel hin: (Hervorhebungen von PigBrother)
"Ueberaus
erstaunt ist die Geschädigtenvertretung jedoch
darüber, dass über die Vorstrafen oder
das Dienst-/Disziplinarverhalten des Angeschuldigten
[Name des Polizeibeamten] keinerlei Abklärungen getroffen wurden.
Dies erstaunt umso mehr, als der Angeschuldigte [Name
des Polizeibeamten] - auf Fragen der Geschädigtenvertretung
- einräumen musste, dass gegen ihn schon
Verfahren betreffend Amtsmissbrauch / Körperverletzung
oder ähnliches geführt wurden.
[...] Mit
höchster Verwunderung nimmt
man jedoch zur Kenntnis, dass die Staatsanwältin
hingegen einen Strafregisterauszug des (bis
anhin unbescholtenen) Rekurrenten einholen
liess [...]. Es ist jedoch Standart,
dass jeder Staatsanwalt über einen Angeschuldigten
zumindest einen Strafregisterauszug einholen
lässt und in casu
wohl auch Anfragen betreffend Disziplinarmassnahmen
etc. tätigen müsste,
zumal sich dann auch Rückschlüsse
betreffend
Glaubwürdigkeit eines Angeschuldigten ziehen
lassen und vorliegendenfalls der Angeschuldigte selbst
solche
Verfahren bejahte [...]! Völlig verfehlt erscheint es jedoch, wenn dies (Einholung
eines Strafregisterauszuges) nur beim Rekurrenten erfolgt,
jedoch nicht beim Angeschuldigten. Es stellt
sich auch die Frage, wie unvoreingenommen da
das Verfahren von Seiten der Staatsanwältin geführt
wurde." |
Einstellung
durch Obergericht
Das Obergericht
beschloss am 29.10.08 - wen wundert? - die
Untersuchung einzustellen und würzt seine Begründung mit markigen Aussagen,
die tief blicken
lassen: (Hervorhebungen
von PigBrother)
"Der
Untersuchungsbehörde steht in diesem Zusammenhang ein
gewisser Ermessensspielraum zu. Die Untersuchungsbehörde
hat also diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die zur
Klärung des Falles Wesentliches beizutragen vermögen;
sie ist jedoch nicht verpflichtet, alle erdenklichen
Ermittlungshandlungen vorzunehmen. Sinn dieser
Prüfung ist es, einen Angeschuldigten vor Anklagen
zu schützen,
die mit einiger Sicherheit zu Freisprüchen führen müssten."
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Dass
die Justiz straffällige Polizisten schützt, ist eine mittlerweile
wissenschaftlich belegte Tatsache (vgl. Patrik Manzoni: Gewalt
zwischen Polizei und Bevölkerung). Erschreckend, aber Alltag
in der Schweiz.
"Das
Vorgehen sei in jener Situation das
mildeste Mittel gewesen. Die Situation
habe sich so ergeben, weil [Name des Klägers]
sehr unkooperativ gewesen sei und wiederholt
falsche Angaben gemacht habe. Er
habe sie zu diesem Ablauf gezwungen."
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Geschulte
PolizeibeamtInnen können sich auch in schwierigen
Situation
angemessen verhalten. Wenn
Polizeipräsidentin
Esther Maurer Rückmeldungen über unprofessionelles
Verhalten von PolizeibeamtInnen erhalte, habe das Konsequenzen (Interview
im TA, 12.5.07). Im
Prinzip ja, aber Reden ist Silber.
Hier besteht offensichtlich dringend
Nachholbedarf. Es wäre Aufgabe
des Gemeinderates, von der
Polizei Statistiken einzufordern, die
Auskunft geben, gegen
wieviele Korpsangehörige jährlich Strafverfahren,
aber auch interne Disziplinarmassnahmen eingeleitet
werden.
Gerechtigkeit?
Am
kommenden Montag, 15.12.08 läuft die Beschwerdefrist aus,
bei der Strafrechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts gegen die Einstellungsverfügung
des Obergerichts Zürich zu rekurrieren. |
Fortsetzung folgt ...
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