Diese 1. Anklageschrift liegt nun vor. Wenig überraschend weitet der Bezirksanwalt mit dem pauschalen Vorwurf «Links zu weiteren Internetseiten, insbesondere ssi-media.com» (S. 2) das Verfahren kurzerhand aus auf sämtliche Homepages auf dem betreffenden Server!!! Und damit noch nicht genug: Zusätzlich sollen die Betreiber auch zur Rechenschaft gezogen werden für weitere Sites, für die sie weder verantwortlich sind, ja zu denen nicht einmal Links bestehen, z.B. geocities.com/nekromantik75 – einzig und allein mit der Begründung, dort gäbe es einen «Hinweis auf den Film "Blutgeil" […] und viele weitere brutale Filme» (S. 2)!!!!! Plus als Tüpfelchen auf dem i der Vorwurf, es würden «Informationen […] zum Strafprozess» gegen den Film "Blutgeil" «gezeigt»!!!!! (vgl. ebenfalls S. 2) Klarer kann wohl kaum illustriert werden, worum es der Staatsanwaltschaft letztlich geht, nämlich den BetreiberInnen einen generellen Maulkorb zu verpassen wegen kritischer Meinungsäusserung bzw. unliebsamer Berichterstattung, in einem Wort: um Gesinnungsjustiz.
Internationales Kesseltreiben gegen kritische Sites
Ein weiterer deutlicher Hinweis in diese Richtung ist auch, welche offiziellen Stellen (nebst Staats- und Bezirksanwaltschaft) (Anklageschrift) bis heute laut den inzwischen zugänglichen Prozessakten alle offiziell in diesen erneuten «Pilotprozess» gegen blutgeil.com involviert sind:
- Institut für Publizistik, Universität Zürich (Akt 1)
- Bayrisches Landeskriminalamt, BRD (Akt 2)
- Interpol Wiesbaden, BRD (Akt 3)
- Bundesamt für Polizei, Bern (Akt 4)
- Kapo Zürich, Spezialabteilung 2 (Akt 5)
- Kapo Zürich, Kriminaldienstkreis 2 (Einvernahme)
Da ist es nur noch das Tüpfelchen auf dem i, dass die BetreiberInnen im Zusammenhang mit polizeikritischer Berichterstattung (u.a. über Personenschäden durch "Tränengas" auf PigBrother.hirnfick.com) jüngst einmal mehr offizell als «Terroristen» fichiert wurden. Doch der Reihe nach:
Institut für Publizistik der Universität Zürich: Brutstätte für angewandtes Denunziantentum
Von Professor Bonfadelli, Leiter des Instituts für Publizistik und Medienwissenschaft, ist seit längerem bekannt, dass er regelmässig «Massnahmen» fordert z.B. gegen «gewalttätige Videogames» mit der Begründung, ein «Zusammenhang zwischen dem Konsum von gewalttätigen Spielen» und «Gewaltanwendung in der realen Welt» sei «wissenschaftlich klar erwiesen» – wobei er jeweils gekonnt den (falschen) Eindruck zu erwecken versteht, der «festgestellte Zusammenhang» sei derjenige zwischen Ursache und Wirkung. Weniger bekannt ist, dass der rührige Professor im kleineren Kreis und hinter vorgehaltener Hand zur Denunziation aufzurufen pflegt. Mit dem «Pilotprozess» gegen blutgeil.com wird diese «private» Kampagne während Vorlesungen und mit Mitteln der Universität nun zum ersten Mal öffentlich:
Zwar hatte der betreffende vorgeschobene Assistent Jochen Hoffmann (j.hoffmann@ipmz.unizh.ch), wohnhaft c/o Mirko M. (ebenfalls Assistent beim IPMZ), seine Anzeige vorsorglich beim Landeskriminalamt Bayern eingereicht, wohl in der Hoffnung, damit den Absender vertuschen zu können. Dummerweise kamen seine Mails jedoch inkl. Header zu den Akten, so dass zweifelsfrei hervorgeht, dass er seine Denunziationen zu Bürostunden (09:46) über den offiziellen Uniserver rzumail2.unizh.ch zu tätigen pflegt. Weiteres pikantes Detail: Grund der Denunziation waren nicht etwa sogenannte "Gewaltdarstellungen", sondern ausdrücklich kritische Artikel über Polizeiübergriffe auf blutgeil.com, bzw. in Hoffmanns Jargon: «staatsfeindliche und insbesondere gegen die Polizei gerichtete Hetzkampagnen […]. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie - etwa durch eine Informierung zuständiger Kollegen in anderen Ländern - das Ihnen Mögliche veranlassen könnten, damit diese Seiten aus dem Internet verschwinden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.» (Hervorhebung durch SSI, vgl. betreffendes Aktenstück, S. 2f.)
Polizeibeamte und Bezirksanwalt einer Meinung
Ehrensache, dass sich darauf das Bayrische Landeskriminalamt in Zusammenarbeit mit Interpol Wiesbaden nicht lumpen liess und unverzüglich umfangreiche Unterschungen anstellte mit dem (nicht weiter begründeten) Resultat, nicht nur blutgeil.com, sondern auchdie Dokumentation über das Flughafengefängnis KunstimKnast.com sowie die Literatursite slowgrind.com seien «gewaltverherrlichend». Ebenfalls Ehrensache, dass sowohl das Bundesamt für Polizei wie auch Kapo ZH und Bezirksanwalt Wehrli (auf Geheiss der Staatsanwaltschaft, siehe oben) sich diese Meinung unhinterfragt ebenfalls zu eigen machen und in Rekordzeit ein Verfahren gegen die unliebigen Sitebetreiber aus dem Boden stampfen.
--> Fortsetzung …
Aktenverzeichnis
Anklageschrift Nr. 2
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