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"TRÄNENGAS"              P o l i z e i b e a m t e   b e i   s c h w e r e r   k ö r p e r l i c h e r   A r b e i t  ! ! !              "GUMMIGESCHOSSE" 


>> UPDATE März 2003 <<
M i t   " T r ä n e n g a s " :
«Folter nach Zürcher Art»!

>>>PigBrother-Intro: Überblick 1980-2003<<<
  >>VERÄTZUNGEN 1.2.02   5. ÄrztInnen, Spital und Polizei
  1. Hintergründe   6. Das Schweigen der Medien
  2. Die Demo   7. Meinungsfreiheit «nach CH-Art»
  3. Die "Wasser"werfer   8. Situation März 2003
  4. Die Verletzungen  

Foto 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8
 
(Nein, dies ist keine Salamiwerbung. Ja, wir finden solche Bilder auch eklig. Aber nicht halb so eklig wie die Tatsache, dass solche Verletzungen seit Jahrzehnten zwar bei praktisch jedem "Wasser"werfer-Einsatz «dazu gehören», aber alle ausser den Betroffenen regen sich lieber künstlich auf über die Bilder.)

"Tränengas"-Folter und andere Übergriffe bei Stadt- und Kantonspolizei:
Stapo-Vorsteherin Esther Maurer an allem allein schuld?


>>>Folter 1980-81<<<       >>>Tagi goes «PigBrother light»<<<

>>>"Tränengas"-Exzesse in Polizeikesseln 1980-2003<<<

Das (nicht ganz grundlose) Schweigen der Medien 1980-2003

>>> Verletzungen und Folter durch "Tränengas" wurden bereits in den 80er-Jahren thematisiert durch die Gruppe Gas der Vereinigung unabhängiger ArztInnen Zürich (VUA) in einer Broschüre sowie durch die Autonome Sanität u.a. an mehreren Pressekonferenzen. Sämtliche Medien schwiegen dazu.

Seit Jahrzenten gehört das pauschale und rücksichtslose "Eingasen" auch bewilligter, friedlicher Demos sowie von alternativen Kulturzentren zum Standardrepertoire diverser schweizer Polizeikorps. Parlament und sämtliche Medien schweigen dazu.

--> Zensur: Im September '80 greift die Geschäftsleitung des Tages-Anzeigers in die redaktionelle Freiheit des Magazins ein und zensiert einen Augenzeugenbericht über Folter und Misshandlungen des Schriftstellers Reto Hänny unter dem Titel «Zürich, Anfang September». Als der Tages-Anzeiger sich am sich am 27.10.80 schliesslich doch noch getraut, unter dem Titel «Harte Vorwürfe wegen Polizeiübergriffen […]» eine Light-Version einiger von der Autonomen Sanität dokumentierter Fälle zu publizieren, kommt die Quittung umgehend: U.a. macht die Geschäftsleitung des Jelmoli ihre Drohung wahr und halbiert ihr Inseratevolumen im Tagi. Diese Lektion in Sachen «Presse"freiheit" in der "freien" Marktwirtschaft» wirkt offensichtlich bis heute nach:

Am 10.5.01 berichtete PigBrother über schwere "Tränengas"-Verätzungen anlässlich des 1. Mai '01. Weitere Meldungen und Pressemitteilungen von PigBrother folgten, im September '01 zusätzlich ein detaillierter Bericht mit Fotos, welche diese Verletzungen eindeutig belegen. Polizei und Universitätsspital verweigerten jegliche Auskunft, sämtliche Medien schwiegen dazu.

   
Fotos 1 & 2: Ca. 4 Stunden nach dem "Wasser"werfer-Beschuss. Deutlich ist anhand der auf die Körpermitte begrenzten beginnenden Verätzung zu erkennen, dass es sich um einen vorschriftswidrigen Direktbeschuss handelt. (Vom männlichen Opfer stehen z.Z. keine weiteren Fotos zur Verfügung. In der Krankengeschichte des Unispitals heisst es zum Verlauf der nächsten 8 Tage: «Flächige Rötung und Blasenbildung am Rücken kranial und am Gesäss mit Punktum maximum im Bereich der linken Gesässhälfte. Nach Blasenablösung am Gesäss roter wegdrückbarer Wundgrund.»)

Am 12.2.02 brachte PigBrother eine Meldung über Verätzungen durch "Tränengas" an der Anti-WEF-Demo vom 1.2.02, weitere Meldungen inkl. Fotos folgten. Am 13.2.02 brachte indymedia.ch einen Bericht (inzwischen offline). Polizei und Universitätsspital verweigerten wie gehabt jegliche Auskunft. Sämtliche "offiziellen" Medien schwiegen dazu, obwohl sie von den Betroffenen selbst unmittelbar nach dem Vorfall benachrichtigt wurden, LeserInnenbriefe an den TA wurden nicht abgedruckt. Am 19.4.02 erscheint in der Zürcher StudentIn ein Bericht unter Bezugnahme und mit einem Bild von PigBrother (in der Online-Ausgabe ohne Quellenangabe). Am 25.4.02 veröffentlichte die Wochenzeitung (WoZ) die von PigBrother aufgezeichnete Geschichte von 2 Verletzten zusammen mit anderen Artikeln über "Tränengas". Am 26.4.02 bringt auch der Vorwärts eine kurze Meldung (mit einem von PigBrother heruntergeladenen Bild ohne Quellenangabe). Am 30.4.02 berichtete PigBrother, die Verletzten hätten nunmehr Anzeige eingereicht. Am 3.5.02 berichtete auch die WoZ darüber. Sämtliche anderen Medien schwiegen weiterhin.

Nach 3 1/2 Monaten kontinuierlicher Berichterstattung und Pressemitteilungen durch PigBrother greifen schliesslich am 16.5.02 Tages-Anzeiger, Radios und SFDRS die «Story» auf (selbstverständlich ohne Quellenangabe), wobei sich die Berichterstattung auf Kritik an der nach den Übergriffen auf Kurt von Allmen und Eldar S. angeschlagenen Polizeivorsteherin Maurer konzentriert. Am 17.5.02 zieht der Zürich Express nach.

PigBrother hält es für billig und bewusst politisch blind, dieses bedeutsame Thema (das innerhalb beider Zürcher Polizeikorps eine jahrzehntelange Tradition hat) unter völliger Ausklammerung der alles andere als unbescholtenen Kantonspolizei, der verantwortlichen Kommandanten beider Polizeikorps und sämtlicher anderen, vergleichbaren Fälle einzig an der Person der aktuellen Vorsteherin der Stadtpolizei aufzuhängen. >>>Ausführlicher Bericht: Esther Maurer allein schuld?

Folter mit "Wasser"werfer

Am 1.2.02 wollten zahlreiche junge BürgerInnen in Zürich friedlich ihre Meinung über das "World Economic Forum" öffentlich kundtun. Dadurch machten sie sich strafbar wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration – juristisch ein ähnlich schwerwiegendes Delikt wie falsch parkieren oder leicht überhöhte Geschwindigkeit. Beim darauffolgenden Polizeieinsatz kam es einmal mehr zu zahlreichen Übergriffen. Ein Demonstrant starb wahrscheinlich an Tränengas, mindestens 10 wurden zum Teil schwer verletzt. Dies ist die Geschichte von zwei von ihnen. (Aufgezeichnet von PigBrother.hirnfick.com)


HINTERGRÜNDE

«Mir geht es eigentlich vor allem darum, dass in der Globalisierung so mies vorgegangen wird, und das wird dann ja genau beim WEF abgesprochen, während die ärmeren Länder dort wenig bis gar nicht vertreten sind und so ihre Meinung zu diesem Prozess gar nicht einbringen können. Das ist gar nicht wirklich eine Globalisierung, sondern eine Öffnung der Welt für diejenigen Märkte, die an so einem Treff überhaupt mitmachen können.»

«Ich war jetzt gerade 10 Monate in Südamerika und habe das Problem dort auch wirklich gesehen, wie das jetzt dort abgeht, wie die Länder kaputt gemacht werden durch die Dollarisierung. Das ist keine Globalisierung, sondern eine Besserstellung der durch die bestehenden Machtverhältnisse ohnehin schon Privilegierten, eine Vergrösserung der Absatzmöglichkeiten für die jetzt schon Grossen.»

Foto 3: Nach einem Tag. Die Haut beginnt abzusterben und wird violett. Auch hier ist deutlich zu sehen, dass das Opfer im verbotenen Direktbeschuss abgeduscht wurde.

«Das wird einem ja sogar an der Uni beigebracht, dass sich die Situation für viele Menschen laufend verschlechtert. Das relative Einkommen hat z.B. in Südamerika in den meisten Fällen abgenommen. Ich besuchte einmal mit einer Gruppe von Studenten eine Uno-Konferenz, eine Arbeitsgruppe im Rahmen der Bio-Diversitätskonvention, "Openended Adhoc-Working-Group on Access and Benefitsharing" hiess das genau. Zuvor hatten verschiedene europäische NGOs Geld gesammelt und finanzierten eine Vorbereitungskonferenz für 40 Vertreter von indigenen Völkern aus der ganzen Welt, die sich eine Woche vorher trafen und ein Positionspapier entwarfen. Diese Vertreter besuchten dann die Uno-Konferenz, waren dort aber nur Zaungäste, obwohl es eigentlich um ihre Rechte und Lebensräume ging. Genau zweimal hatten sie die Möglichkeit zu einem Statement, wobei sie z.T. auch heftige Kritik anbrachten, z.B. dass alle ihre Vorschläge abgelehnt wurden und wieder aus dem Entwurf verschwanden, und dass sie kein Vertrauen in die Arbeit der Kommission haben könnten, weil diese sich ihnen gegenüber nicht einmal an die eigenen Regeln halte, einmal sage sie das und dieses und nun plötzlich etwas anderes, was die Vertreter auch konkret erläuterten. Danach ging es einfach weiter, keiner der vor allem aus Juristen und Wirtschaftsleuten bestehenden offiziellen Kommissionsmitglieder ging auf diese Vorwürfe überhaupt ein, alles prallte einfach ab. Dabei war es schon eine ungewohnte Ausnahme, dass die indigenen Vertreter nur schon dort waren, wenn die NGOs nicht für die Tickets und so aufgekommen wären, hätten sie an der Konferenz faktisch überhaupt keinen Zutritt gehabt.»

«In Ecuador zum Beispiel ist 2.50 $ am Tag ein normaler Lohn, auf alle Fälle bestimmt kein schlechter. Das Krasse dabei ist, dass die Kosten dort so hoch sind. Vor einem Jahr wurde der Dollar eingeführt, seither sind die Kosten um das vierfache gestiegen. Ich bin wirklich billig gereist, doch ich hätte nie mit 2.50 $ am Tag leben können, ich habe z.B schon 1 $ am Tag ausgegeben für Zigaretten. Dabei ist Ecuador verglichen mit Peru und Bolivien noch viel moderner, alles sieht viel reicher und grösser aus, aber die Leute sind nicht wirklich reicher. Das ist neu, früher hatten sie wirklich mehr, doch das wird jetzt einfach kaputt gemacht mit dem Dollar.»


DIE DEMO

«Und man kann ja nichts dagegen machen, alle denken, man kann nichts dagegen machen. Und ja, man kann wenigstens dagegen demonstrieren, zeigen, dass man damit nicht einverstanden ist. Ich habe sonst noch keine andere Möglichkeit gefunden, wie man irgendetwas dagegen machen könnte. Weil es ist ja wirklich eine Schweinerei. Für mich spielt es auch keine Rolle, ob das WEF jetzt in Davos oder in New York ist, weil das ändert nichts, wie wir darin involviert sind, und dass es sowieso von der Schweiz ausgeht.»

«Es geht um die Praktiken, die angewendet werden bei so einem Forum, und wir wollten diese Meinung auch äussern und kundtun. Deshalb gingen wir an diesem Freitag auf die Strasse.»

«Darum haben wir auch die Pfannendeckel mitgenommen, als ein Zeichen. Das war ja grad nach dem Währungs-Zusammenbruch in Argentinien, dort veranstalteten von Banken und Regierung Betrogene sogenannte Cazerolazos, lautstarke Demos mit Pfannen und Deckeln. Wir wollten zeigen, dass das WEF an vielen Orten seine Finger im Spiel hat, wenn sowas passiert.»

«Wir wussten gar nicht, dass die Demo nicht bewilligt war, hatten sogar noch ein Transparent mitnehmen wollen. Auch auf dem Aufruf war ja nichts Provokatives.»

«Nachdem wir einmal das Limmatquai hinunter- und wieder heraufgezogen waren, wurde die Demo dann beim Seefeld von der Polizei gesprengt. Die militanteren Teilnehmer zogen darauf in Richtung Kunsthaus. Nach einem weiteren Einsatz ohne Vorwarnung gegen die noch am Bellevue verbliebenen, vollkommen friedlichen Demonstranten wurde diese Gruppe von etwa 200 Leuten dann quasi von der Polizei das Limmatquasi hinuntergeschleust zum Bahnhof und nachher in den Kreis 5.»

Bild 4: Nach 2 Tagen. Noch mehr Haut stirbt ab, erste Blasenbildung.

«Eigentlich wollten wir auf den Zug, wie wohl die meisten, doch im letzten Moment fuhren Beamte vor, riegelten alles ab und erklärten per Megaphon, der Bahnhof wäre geschlossen, und wiesen uns an weiterzugehen. Das war das erste Mal, dass eine Durchsage kam. Dass die Demo unbewilligt sei, haben sie auch da nicht gesagt.»

«Einzig der Weg in den Kreis 5 war noch frei, dorthin rannten die meisten, als ein Wasserwerfer auffuhr. Die Polizei liess uns uns die Limmastrasse herauf bis zur Haltestelle Museum für Gestaltung, dort wurden wir eingekesselt.»


DIE "WASSER"WERFER

«Plötzlich kam uns auf der Limmatstrasse ein Wasserwerfer entgegen, während andere Beamte hinter uns die Strasse sperrten. Darauf rannten die Leute nach rechts quer über den Platz, doch auf der Ausstellungsstrasse stand bereits ein anderer Wasserwerfer und spritzte sofort ohne Vorwarnung los. Wir rannten dann ein kleines Weglein durch zum Sihlquai, wollten immer noch auf den Zug nach Hause, doch dort stand in Richtung Bahnhof ebenfalls ein Wasserwerfer, der losspritzte, während Beamte mit Gummigeschossen die andere Richtung sperrten.»

«Die andern, die mit uns durch das Weglein gekommen waren, konnten sich seitwärts durch einen Garten oder Hinterhof absetzen, und plötzlich waren wir nur noch zu zweit auf der Strasse und rannten vor dem Wasserwerfer davon auf die anderen Beamten zu, die sofort mit Gummischrot das Feuer auf uns eröffneten.»

>>In einem Interview hält Polizeivorsteherin Esther Maurer fest:
- «Der Mann, der den Wasserwerfer bedient, kann mit einem Knopfdruck entscheiden, ob er das pure oder das Wasser mit Gasgemisch einsetzen will.»
- «Bei Tränengas gibt es zwei Möglichkeiten des Spritzens: Vor die Leute auf den Boden oder ein Sprühnebel über den Köpfe hinweg. […] Aber was für mich absolut inakzeptabel ist, ist das Abduschen von Personen mit Reizstoff.»
- «Ja, die Bilder, die ich gesehen habe, lassen die Vermutung zu, dass sie direkt abgeduscht wurden.»
>>In einer Interpellationsantwort verspricht die Polizeivorsteherin grossspurig:
«Ein strafrechtlich relevantes Verhalten»
von PolizeibeamtInnen «würde wie bei jeder anderen Bürgerin/jedem anderen Bürger eine strafrechtliche Untersuchung nach sich ziehen».
>>PigBrother fordert Taten statt leerer Versprechungen!

«Als wir die ersten Geschosse spürten, drehten wir uns wieder um und rannten in die andere Richtung, versuchten von der Strasse wegzukommen. Doch vorher hat uns dann der Wasserwerfer voll erwischt.»

«Zum Glück spritzte er zuerst etwas neben uns, dadurch konnten wir uns noch umdrehen und mit dem Gesicht zur Bauwand am Strassenrand stellen. So wurden wir grösstenteils nur hinten und an der Seite getroffen.»

«Der Strahl hielt direkt auf uns zu, und nachdem er uns erreicht hatte, hielt er sicher mal 3 Sekunden geballt auf uns, dass wir gegen die Wand gedrückt und durchgeschüttelt wurden, bis wir dann über die Abschrankung flüchten konnten.»


DIE VERLETZUNGEN

«Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht gewusst, dass es da Tränengas im Wasserwerfer drin hat. Aber grad als uns das Wasser traf, hat es sich so richtig hineingebrannt, das kam nicht erst später, es hat sofort wahnsinnig gebrannt und weh getan. Wir versteckten uns dann etwa eine halbe Stunde hinter der Abschrankung, bis die Polizei weg war. Es war etwa Null Grad, doch ich hielt es nicht aus in den Kleidern und habe sie dann ausgezogen.»

«Es hat wirklich total krass gebrannt auf der Haut, es war nicht auszuhalten. Lieber in der Unterwäsche bei Null Grad als mit dem, was in den Kleidern war.»

«Trotzdem mussten wir sie schliesslich wieder anziehen um nach Hause zu gehen, und es ging nochmals über eine Stunde, bis wir dort waren und endlich duschen konnten.»

«Im Zug hatten wir ein Abteil ganz für uns allein. Allen rings um uns kamen sofort die Tränen, auch bei offenen Fenstern.»

«Zuerst dachten wir noch, wir kommen jetzt nach Hause, gehen duschen, und dann wird es wieder gut. Beim Duschen habe ich dann gemerkt, dass ich nicht mehr warm duschen konnte. Warm duschen war der Horror, das tat weh wie Schwein und ging unmöglich.»

Foto 5: Nach 5 Tagen sind die Blasen voll entwickelt, die ersten platzen auf. Siehe auch die grosse Blase (Pfeil, siehe auch Foto 6).

«Ich hielt es die ganze Nacht nicht länger als eine Viertelstunde aus ohne mich eiskalt zu duschen, weil sonst begann es dermassen zu brennen. Es war wirklich kalt draussen, doch ich hatte alle Fenster auf und musste dauernd kühlen, sobald die Haut nur ein bisschen warm wurde, hat es so wahnsinnig weh getan. Nachdem ich acht Mal geduscht hatte, dachte ich, jetzt muss ich etwas anderes finden, und hab mich schliesslich mit dem Rücken nach draussen aufs Fenstersims gesetzt, so dass ich die nicht betroffenen Stellen doch noch zudecken und etwas wärmen konnte. Die Stellen, die ich am besten kühlen konnte, wurden dann auch später nicht so schlimm wie andere, die zuerst gar nicht so weh taten. Drei Tage lang konnte ich vor Schmerzen gar nicht schlafen, bis wir ins Spital gingen.»

«Wir hatten schon von Anfang an knallrote Haut, noch in Zürich, als wir das erste Mal schauten. Als wir nach Hause kamen, war es noch schlimmer. Trotzdem sah die Haut erst massiv gereizt aus und noch nicht abgestorben. Am nächsten Tag wurde es violett und eine Kollegin riet uns dringend zum Arzt zu gehen.»

«Der Pikettarzt war ziemlich schockiert und holte am Unispital und im Toxzentrum Erkundigungen ein. Die dermatologische Station vom Unispital meinte, sie hätten keine weiteren Fälle, gaben ihm aber Anweisungen, wie die Behandlung zu erfolgen habe. Das Toxzentrum meinte, sie hätten aktuell zwar noch keine Anfragen bekommen, solche Anfragen kämen jedoch öfters vor.»
 
«Der Arzt gab uns dann die Medikamente, doch als wir am Sonntag die Salbe das erste Mal einschmieren wollten, bekamen wir mittlerweile überall Blasen. Darauf wurde uns gesagt, man könne keine Creme mehr drauftun. Ich hatte die ganze Zeit nicht schlafen können, und der Pikettarzt konnte uns auch kein Schmerzmittel geben, da er Wechselwirkungen befürchtete. So gingen wir am Montag schliesslich ins Uni-Spital. Die gaben uns dann starke Schmerzmittel und meinten, wir müssten dortbleiben.»

«Schon im Verlauf des Sonntags war uns klar geworden, dass es sich hier um Verbrennungen 2. Grades handelte, also um etwas Gravierendes, und in der Nacht auf den Montag waren auch schon die ersten Blasen aufgeplatzt.»

Foto 6: Nach 5 Tagen, Detailaufnahme der grossen Blase an der Hüfte.

«Eine Nacht im Spital hab ich auch voll gekotzt, und eine Ärztin sagte mir, sie nehme an, dies sei, weil das CN in den Blutkreislauf überginge, dies geschehe erst nach einer Weile.»

«Der Arzt sagte nachher, wir hätten mit der Heilung voll Glück gehabt. Er hatte eigentlich erwartet, dass mindestens ein Teil sich noch entzünden würde, da die Verletzung so grossflächig war, ca. 1/3 der Körperoberfläche, und etwa in der Hälfte der Fälle verheile so etwas nicht richtig.»

«Die Blasen selbst gingen noch relativ schnell weg, die tote Haut fällt dann mal weg, das war nach 1-2 Wochen fort, aber was nicht weg war, was wirklich am langsamsten heilte, waren die Stellen, an denen die grossen Blasen gewesen waren, weil die Haut darunter verkrustete nachher, und das waren die Stellen, an denen es am meisten mal wieder geeitert hat, und wo jetzt noch die Narben sind. Auch nach 2 1/2 Monaten kann ich Dir immer noch zeigen, wo die grossen Blasen waren.»

«Es ist wie ausgetrocknet, die ganze Schicht, und blätterte dann so ab. Zuerst gab es Risse darüber, und da, wo die Blasen waren, fiel die Haut ab, obwohl sie noch nicht sollte. Zum Teil verkrustete dann die zweite und die dritte Schicht wieder und wieder. Es dauerte etwa einen Monat, bis wir wieder normal sitzen und liegen konnten.»

«Dann wurde es langsam anähernd so, wie es auch jetzt noch ist. Ich glaube nicht, dass es da noch gross eine Änderung gibt. Ich bin ehrlich gesagt verdammt froh, wie gut es überhaupt verheilte, weil es sah wirklich ganz krass aus und tat ohne Schmerzmittel extrem weh.»


ÄRZTINNEN, SPITAL UND POLIZEI

«Im Unispital war ich dann seltsamerweise auf der Herz-Lungen-Station, obwohl sie ja eine spezielle dermatologische Abteilung haben, möglicherweise um uns abzuschotten. Bei der Notaufnahme hatte noch jemand gesagt, wenn wir grad nach der Demo gekommen wären, hätte man noch mehr machen können, jedoch ohne genaueres zu sagen. Die behandelnden Ärzte sagten uns dann immer, wir wären ein Einzelfall, sowas hätten sie noch nie gesehen, wahrscheinlich sei bei der Polizei etwas falsch gemischt worden. Nur ein einziger Arzt sagte uns, dies wären typische Symptome, und er hätte sowas schon ein paarmal nach Demos gesehen.»

Foto 7: Nach 5 Tagen. Detailaufnahme Blasen an Oberschenkel.

«Offiziell wollten sie aber noch nie von solchen Verätzungen gewusst haben. Eine Ärztin reagierte sogar ziemlich panisch, nachdem eine Schwester mit dem Tox-Zentrum telefonisch über unseren Fall geredet hatte, ob sie auch zurückgerufen habe, und ob das wirklich das Tox-Zentrum gewesen sei.»

«Sowohl der Arzt im Uni-Spital wie auch das Tox-Zentrum hatten bei der Polizei angerufen und wollten wissen, was da für Stoffe eingesetzt worden seien und in welcher Konzentration. Die Polizei gab jedoch niemandem Auskunft. Jemand gab uns dann den Tipp, die Polizei setze jeweils CS und CN ein, wir sollten uns mal erkundigen, doch die Ärztin blockte jegliche Fragen ab.»

«Dafür bekamen wir im Spital einen Brief von der Polizei. Dieser war an den Arzt gerichtet, der ihn an uns weitergab. Darin stand, sie hätten gern vom Arzt unsere Personalien, also mit unserer Einwilligung, oder wir sollten uns bei einer Telefonnummer melden. Ich rief dann vom Spital aus dort an, allerdings ohne meinen Namen zu nennen. Dort war ein Beamter, der aber keine grosse Ahnung hatte. Ich sagte ihm, dass wir verätzt worden waren. Er wollte dann wissen, wo das gewesen war, und sagte, dass aufgrund des Anrufs des Arztes eine interne Untersuchung im Gang sei. Ich soll ihm doch einen Rapport schreiben, mit meinem Namen und allem, warum ich an diese Demonstration gegangen sei, mit einer Beschreibung des Ablaufs des ganzen Abends und wie wir dann verätzt wurden, dann würden sie mir nachher einen Schadenersatz zahlen. Ich habe ihn dann auch gefragt, ob ich mit einer Anzeige rechnen müsse, wenn ich meinen Namen angebe, worauf er meinte, er könne mir das nicht versprechen, nehme es aber eigentlich nicht an. Überhaupt gab er eigentlich die ganze Zeit keine klaren Antworten. Ich habe ihm darauf meinen Namen nicht gesagt und mich bei dieser Schadensstelle nicht nochmals gemeldet.»

«Später sagte mir die Polizeivorsteherin Esther Maurer, wir könnten schon eine Anzeige machen, die Entschädigung würde dann grad etwa reichen, um die Busse zu bezahlen.»

«Während einzelne Ärzte entsetzt waren und dachten, man müsse da etwas machen, sagten uns andere gleich, dass allfällige Verfahren gegen die Polizei sowieso sofort im Keim erstickt würden.»

«Da die Verätzungen so grossflächig waren, konnten uns die Ärzte im Unispital auch gar nicht wirklich helfen, beispielsweise die Blasen aufschneiden und desinfizieren, wie das bei kleineren Verletzungen üblicherweise gemacht wird, doch unsere Verletzungen waren dafür zu gross. So verschrieben sie uns lediglich ein starkes Schmerzmittel und später eine Salbe. Da haben wir uns am Mittwoch dann ein Rezept geben lassen und sind nach Hause uns weiter zu kurieren.»

«Jetzt bekam ich einen Brief von der Krankenkasse, der Winterthur, sie wollen die 4500 Franken nicht bezahlen, da im Kleingedruckten stehe, bei Demonstrationen bestehe grundsätzlich keine Leistungspflicht. Ich müsse ihnen deshalb einen Rapport abliefern, ob ich absichtlich an der Demo gewesen sei, ob ich Sachbeschädigungen begangen habe, ob die Polizei vor dem Einsatz eine Warnung durchgegeben habe, ob ich wusste, dass die Demo unbewilligt war usw.»



DAS SCHWEIGEN DER MEDIEN

Foto 8: Nach 9 Tagen. Die Haut trocknet immer wieder aus, kommt
buchstäblich in Fetzen runter, das Fleisch liegt bloss und beginnt sich zu entzünden. (Beachte die aufgerollten Hautreste am Rand der offenen Stellen.)

«Ich hatte zum Glück keine verätzten Finger, konnte noch schreiben. So setzte mich am Sonntag gleich an den Computer und schrieb diverse Zeitungen an, grosse Zeitungen, die wir auch lesen, die wir kennen. Ich dachte, das wäre unerhört, was da passiert war, nachdem das der Arzt auch gemeint hatte und dann zwei Tage nach der Demo am Sonntag die Blasen kamen. Doch ich bekam von niemandem eine Antwort, von keiner Zeitung ausser dem "Blick", dort meldete sich einer und wollte dann nochmals zurückrufen, was er aber nie mehr tat. Ich war wirklich enttäuscht, dass das offensichtlich niemanden von denen interessierte.»

«Mehrere Kollegen schrieben darauf Leserbriefe an den "Tages-Anzeiger", doch es wurde keiner abgedruckt. Ich wäre zuerst gar nicht auf die Idee gekommen, dass sie das nicht bringen. Dass sie von solchen Verätzungen wahrscheinlich schon öfters erfahren hatten und es einfach als unwichtig abtun. Dass da so eine miese Politik gemacht wird. Das ist für mich fast wie etwas Falsches schreiben, wenn man gezielt politisch Sachen nicht schreibt. Ich war schwer enttäuscht von den Zeitungen, die ich täglich lese.»

«Ich war noch nicht an so vielen Demos, und ich hätte nie gedacht, dass es in einem Wasserwerfer so etwas drin hat. Ich hatte immer gemeint, ein Wasserwerfer würde einfach pures Wasser auf die Demonstranten spritzen mit dem Effekt sie zurückzudrängen. Oder vielleicht auch, dass man dann nach Hause muss die Kleider wechseln, weil es kalt ist. Als solches wäre es ja auch noch wie ein angemessenes Mittel. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es da Chemie drin hat. Es ist doch krass und irreführend, da von Tränengas und Wasserwerfern zu reden, denn eigentlich haben sie uns da ein Nervengas angespritzt. Tränengas ist so ein verharmlosender Name.»

«Es wird einem ja auch in den Medien immer so vermittelt, aus dem Wasserwerfer kommt Wasser, und aus den Petarden kommt Tränengas, und alle glauben das ja auch so – ausser denjenigen, die selber schon mal bei einen Wasserwerfer reinkamen oder sonst Leute kennen, denen das schon mal passiert ist. Wenn ich jetzt die gleichen Verletzungen gehabt hätte in einer Fabrik von einem Chemieunfall, dann hätten die Medien es wahrscheinlich sogar gebracht, aber so ist es etwas Politisches, und dann bringen sie es lieber nicht.»


MEINUNGSFREIHEIT «NACH SCHWEIZER ART»

«Uns ging es darum, unsere Meinung kundzutun. Wir dachten, wir leben hier doch zum Glück in einer Demokratie und haben Meinungsfreiheit, haben ein Recht darauf, unsere Meinung auch äussern zu dürfen. Deshalb gingen wir mit den Pfannendeckeln auf die Strasse.»

«Bevor wir nachher ins Spital mussten, sagte mir eine Bekannte: «Aber man geht auch nicht an die WEF-Demo!» Ja, klar geht man nicht an die WEF-Demo – das ist es ja gerade. Ich meine, es ist doch krass, dass ich für meine Meinung nicht mehr auf die Strasse gehen kann, für eine andere Meinung kann man aber auf die Strasse gehen. Da stimmt doch etwas nicht. Wenn jemand genau die Meinung der SVP hat oder genau die der SP, dann kann er damit auf die Strasse gehen, aber ich kann das nicht, das ist doch ungerecht.»


[Obwohl die Polizei wie geschildert sowohl vom Universitätsspital wie auch von den Betroffenen selbst über diese Verletzungen informiert wurde, stellte sich die Pressestelle bis zum letzten Moment offiziell auf den Standpunkt, keinerlei Kenntnis von Verätzungen zu haben, da keine namentliche Anzeige eingegangen sei. Danach lautet die auch in anderen Fällen übliche Antwort, über ein laufendes Verfahren werde keine Auskunft erteilt – entgegen dem Umstand, dass die Polizei in anderen Verfahren, in denen sie nicht gegen sich selbst ermittelt muss, sehr wohl Auskunft erteilt und sogar von sich aus informiert.
Nach 3 1/2 Monaten kontinuierlicher Berichterstattung und Medienmitteilungen durch PigBrother erschien im Tages-Anzeiger am 16.5.02 eine «Light-Version» der «Story».]


STAND ANFANG MÄRZ 2003

>> Im Sommer 2002 waren die 2 Verletzten einvernommen worden. Seither hat sich sich in der Strafuntersuchung nichts mehr getan (vgl. Regeln 1-6: Was geschieht, wenn Normalsterbliche Strafanzeige einreichen gegen die Polizei?).
>> Die Neue Zürcher Zeitung berichtete im Frühsommer 2002 anlässlich einer Debatte im Kantonsrat betreffend der Verätzungen genüsslich menschenverachtende Voten wie, wer an eine unbewilligte Demo gehe (strafrechtlich wie gesagt ähnlich gravierend wie z.B. falsches Parken oder leicht erhöhte Geschwindigkeit), sei «selber schuld» und solle sich «nicht beklagen» ...
sowieso alles nur «Judentliche» ... unter Adolf wär das nicht passiert ... da herrschte noch Ordnung ...
>> Mitte Januar 03 hat der Anwalt der Verletzten Staatshaftungsklage eingereicht (zivilrechtliches Verfahren um Schadenersatz). Auch hier sind zumindest bisher keine konkreten Resultate bekannt.

>>>Verletzungen und Folter durch "Tränengas" in den 80ern<<<

>>>"Tränengas"-Exzesse in Polizeikesseln 1980-2003<<<

A u f r u f : Verletzungen vom 1. Mai? "Tränengas"-, "Gummigeschoss"- oder sonstige Verletzungen durch die Polizei von früher? (Auch wenn Du nicht grad ein Auge verloren hast.) Melde Dich bei PigBrother@ssi-media.com!

 





No.  6'666'666'667

Dossier 1: "TRÄNENGAS"

Dossier 2: "GUMMIGESCHOSSE"

Dossier 3: STAHLRUTE «legal»?

"TRÄNENGAS"              P o l i z e i b e a m t e   b e i   s c h w e r e r   k ö r p e r l i c h e r   A r b e i t  ! ! !              "GUMMIGESCHOSSE"
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