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neu    Report 2003      Report 2002      Report 2001
      Interpellation/Antwort "Gummigeschosse" 16.5.01/28.11.01
      «Müssen Polizeiexperten rechnen können?»
   
   Wie die Polizei Stadtrat und Öffentlichkeit belügt
      z.B. gefälschte Statistik

      z.B. Frage «übersehen»
      z.B. «im Komma geirrt»
      z.B. falsche Zahlen («Druckfehler»)
      z.B. Vorspiegelung falscher Tatsachen
      z.B. seit 20 Jahren immer die gleichen Lügen
       Typische Verletzungen bei Polizeieinsätzen / Doku S.91-2

D o s s i e r   2 :   " G U M M I S C H R O T "
           Inhaltsverzeichnis        Petition Download
  PigBrother-Intro
  Entwicklung der Gummigeschosse
  "Gummigeschosse" in der Schweiz
  a) Überblick
  b) Geschosstypen
  c) Abschussgerät TW 73
>neu! d) "Markierungssystem" FN 303 (Paintball)
  Schussdistanz, Streuung, Typische Verletzungen
  "Notwehr": Nahschüsse gegen Seniorin
  Typische Rissquetschwunde
  Augenverletzungen durch "Gummigeschosse" aus medizinischer Sicht
  Stellungnahme Augenklinik Universitätsspital Zürich
  Statistik 30.5.-12.7.80
  Statistik 1.5.96 / "rechtmässige Verhaftung"
 
 
 
 
 
Neu!!
Neu!!
 

 
 
 
Neu!!
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Dokumentierte Augenverluste / Interviews
1) Weiblich, 20 Jahre, Augenverlust 4.7.80
2) Männlich, 22 Jahre, Netzhautriss 4.12.80
3) Weiblich, 16 Jahre, Augenlinse zertrümmert, Dez. 80
4) Weiblich, 20 Jahre, Augenverlust 31.1.81
5) Männlich, Augenverlust 80er Jahre
6) Männlich, Verlust beider Augen, 1.5.91
--) Männlich, 3 schwere Kopftreffer, 1.5.96 / GPK S. 143-6
7) Augenverlust 1998
8) Männlich, 21, mehrere Augenrisse, 19.12.00
9) Männlich, 45, Netzhautriss, 27.1.01 / Offener Brief
10) Männlich, 70% Sehverlust 11.10.03
11) Männlich, Netzhautablösung 16.12.03
  Interpellation/Antwort Augenverlust 27.1.01
  "Aufruf" Petition zur Abschaffung, 30.4.01/ DOWNLOAD
  Links / Weitere Infos





0. Entwicklung der Gummigeschosse

"Anti Riot Baton Round L2A2": Gummigeschoss in Patrone. In Nordirland 3 bekannte Tote 1972-73, darunter ein 11-jähriger.
(Bild: nadir.org)

• ”Flying Baton” (dt. fliegender Polizeiknüppel): Grosskalibriges Geschoss, eine Weiterentwicklung der in den 50er-Jahren zur Bekämpfung von Aufständen in den britischen Kolonien verwandten normalkalibrigen Holzprojektile. Entwickelt, um trotz geringer Anzahl vorhandener Ordnungskräfte durch ”nicht tödliche” Kampfmittel grossen Menschenmengen Herr zu werden. Erste Version aus Holz (teilweise mit Metallkern), 1. Todesopfer Hongkong 1967.

• Ab 1970 Einsatz einer Version aus Gummi in Nordirland (siehe Bild), 1972-73 3 bekannte Tote. Danach Umstellung auf hohle Plastikgeschosse, 1975-89 14 bekannte Tote, darunter 7 Kinder (10-15 Jahre). --> Mehr Info & Bilder


1. Gummigeschosse in der Schweiz


a) Überblick

"Gummischrot" wird in der Schweiz in Paketen zu 35 Stück verschossen. Wenn das Geschoß das Gewehr verläßt, zerspringt die Pakethaut, die "Gummikörper" fliegen je nach Schussdistanz in mehr oder weniger starker Streuung ins Ziel. Die Reichweite beträgt laut Polizeiangaben rund 50 m, der offizielle Mindestabstand 20 m.


Je nach Geschosstyp wiegt so ein "Paket" ca. 315-630 g. (Im Bild Geschosse à 18 g, ca. 1982)

Die Geschosse sind 6-kantig ca. 2,7 x 1,8 cm. Die Polizei gibt das Gewicht mit 10 g an und die Ausschussgeschwindigkeit mit 180 m/s (=648 km/h) (Die chemischen Einsatzmittel, 1987, 5.4), verwendet aber hartgepresste Geschosse bis über 18 g (vgl. Geschosstypen).

Bei Schüssen aus wenigen Metern werden Plastikeimer, dicker Stoff, selbst Sperrholz spielend durchschlagen, Finger und Nasenbeine gebrochen, Zähne ausgeschlagen. Offiziell gilt in Zürich ein Mindestabstand von 20 m, schiessfreudige Beamte können sich jedoch jederzeit auf "Notwehr" berufen. Ungeschützte Augen werden auf Distanzen weit über 20 m irreparabel geschädigt. Allein in Zürich wurden bereits mindestens 8 Augen ausgeschossen. Auch der bisher durch "Gummigeschosse" angerichtete Sachschaden dürfte nicht unbeträchtlich sein, lässt sich doch mit einer einzigen Ladung à 35 Stück u.U. problemlos eine ganze Schaufensterfront entglasen. Trotz "Gummigeschossen" in zerstörten Auslagen wird der entstandene Schaden nachher selbstverständlich "den Chaoten" in die Schuhe geschoben.

K  l  a  r  e  r      F  a  l  l      v  o  n      "  N  o  t  w  e  h  r  "  !
" I I l e g a l e "   N a h s c h ü s s e  g e g e n  S e n i o r i n

Sie schützte ihr Gesicht mit den Händen, die Folgen:


Kein Augenverlust, dafür zusätzlich Verletzungen an den Händen. Der linke Mittelfinger ist gebrochen.

 

Ein weiteres Geschoss traf das linke Ohr. U.a. Platzwunde beim Jochbein.

(Bilder: Verein betroffener Eltern)

 

b) Geschosstypen (Gewicht, Material)

9.5 - 11 g, aus Hartgummi (10 g laut Stapo, vgl. Die chemischen Einsatzmittel, 1987, 5.4). Eingeführt anlässlich der Anti-AKW-Demos/Besetzungen. Wurde auch der Geschäftsprüfungskommission des Gemeinderats vorgeführt.

Ca. 18 g, vermutlich Gummi mit pulverigen Beigaben hart gepresst (die Geschosse lassen sich z.T. zerkrümeln). Eingeführt höchstwahrscheinlich Sommer '80 als Reaktion auf die "Jugendunruhen". Wurde dem Gemeinderat verheimlicht,
vgl. Bericht Geschäftsprüfungskommission.
>> PigBrother liegen bisher Geschosse von 17.8 - 18 g vor. Spezielle "Sicherheitsbestimmungen" sind keine bekannt. Werden laut Interpellationsantwort 28.11.01 von der Stapo nicht mehr eingesetzt >>>menschenverachtende Begründung.

Wirklich aus Gummi?!

>>> Die genaue Zusammensetzung des "schweren Gummischrots" bleibt bis auf den heutigen Tag ein gut gehütetes Geheimnis der Stadtpolizei, ebenso, wie sie die Gewichtsverdoppelung bei gleichem Volumen ohne Beigabe von Metall bewerkstelligt haben will.

>>>
Radio LoRa berichtete am 29.4.01, in analysierten Geschossen sei Natriumsulfat festgestellt worden.

>>> Polizeisprecher Gehriger stellte PigBrother am 26.4.01 ev. Auskünfte für frühestens 4.5.01 in Aussicht, gab uns aber den freundlichen Tipp, am 1. Mai ein paar einzusammeln, um genaueres über Gewicht und Zusammensetzung zu erfahren. >>> Report 1. Mai 2001 Am 3.5 hiess es dann, Gehriger habe die nächsten 6 Tage frei. Von Pressechef Fäh war schliesslich zu erfahren, die Polizei gebe Medien und Öffentlichkeit keine Auskünfte über Gewicht und Zusammensetzung der Geschosse, sondern höchstens Stadt- oder Gemeinderat. >>>Antwort Interpellation, kritische Analyse >> Woraus bestehen Gummigeschosse wirklich?


Typische Rissquetschwunde

Haut und Fleisch über dem Knochen glatt durchschlagen,
Längskante des Geschosses deutlich zu erkennen.

 
Glück im Unglück: Nur wenige Millimeter weiter oben, und das Geschoss hätte anstelle der blutigen Fleischwunde über dem Wangenknochen einen weiteren Augenverlust herbeigeführt.
(Bild: Daniel Schäublin)



c) Abschussgerät TW 73

Tränengaswerfer TW 73 (neuere Bezeichnung: Mehrzweckwerfer / MZW): Schweizer Entwicklung, hergestellt aus dem Holzschaft der alten Militärkarabiner. Entwickelt ursprünglich gegen die Anti-AKW-Bewegung anlässlich der Geländebesetzungen. Schweizweit in allen Polizeikorps im Einsatz. Laut Polizeiangaben Länge 80 cm, Gewicht 5 kg, 6-10 Schüsse pro Minute.
Mündungsgeschwindigkeit bei "Gummigeschossen" 180 m/s = 648 km/h.

Nach Polizeiangaben für "Tränengaspetarden" Reichweite 80 - ca. 180 m.
Für "Gummigeschosse" wird hingegen nur eine einzige maximale Schussdistanz von 50 m angegeben, "Sicherheitsbestimmungen" betreffend Drehring sind keine bekannt.
Die offizielle Mindestdistanz – im Polizeijargon verräterischerweise bekannt als «praktische Einsatzdistanz» – beträgt 20 m (siehe unten), wird aber oft und gern unterschritten, wobei seitens der BeamtInnen bisher noch jedesmal erfolgreich «Notwehr» geltend gemacht wird – auch wenn es sich bei den Opfern beispielsweise um Seniorinnen handelte. «Wann Notwehr ist, bestimme ich!»
Ebenfalls eigentlich verboten sind Nahschüsse auf Kopfhöhe, wie diverse Bilder u.a. auf dieser Seite zeigen ist dies bei sehr vielen BeamtInnen jedoch die Standardzielrichtung.


Polizei-Grenadier mit TW 73   
Bild: rozsa@photoscene.ch

Die Entfernung beim Abschuss von "Tränengas"-Granatenwird wird an einem Drehring eingestellt, der einen Teil der Treibgase entweichen lässt und so für kürzere Schussdistanzen sorgt.
>> Bei "Gummigeschossen" wird der Drehring hingegen laut Stadtpolizei Zürich «aus waffentechnischen Gründen» ausschliesslich auf Maximalposition gestellt, «nur in dieser Position entfaltet die Treibpatrone die benötigte Wirkung» (vgl. Interpellationsantwort).
Als Treibladung werden dieselben geschosslosen Treibpatronen verwendet wie für die aufmontierbaren Panzerabwehr-Granaten beim Armee-Sturmgewehr (meist silbern aus Aluminium).







1d) "Markierungssystem" FN 303 ("Paintball")

Seit dem 29. März 2003 setzt die Genfer Kapo Waffen vom Typ FN 303 ein. Dabei handelt es sich nicht eigentlich um ein Gewehr zum verschiessen von "Gummigeschossen", sondern laut Genfer Polizei um ein "Markierungssystem" (das Wort "Waffe" wird offiziell peinlich vermieden), «eine Art hochentwickeltes Paintball», mit dem «gewalttätige Demoteilnehmer» rsp. «Unruhestifter mit Farbe markiert werden» sollen, um sie nachher «innert Minuten verhaften zu können». Gleich beim ersten Einsatz der umstrittenen Waffe auf Druckluftbasis kam es jedoch stattdessen zu einer schweren Kopfverletzung.
Die übrigen Schweizer Polizeikorps wollen die Waffe zumindest vorläufig nicht einführen. Laut einem Bericht von "Le Matin" wird die Waffe auch in Deutschland eingesetzt.
Oben ist auf dem unteren Bild deutlich der vom Schützen aus gesehen rechts montierte Druckluftbehälter sichtbar. Der eigentliche (kleinere) Lauf ist dagegen unterhalb des Behälters auf dem oberen Bild erkennbar.

Bei der FN 303 handelt es sich um ein belgisches Fabrikat der Firma FN Herstal S.A., deren Besitzerin Herstal Group ist verbandelt mit den US-Waffenfabrikanten und Browning Inc. und Winchester und hat mit FNH USA Inc. auch einen Ableger in Amerika.

Genfer-Modell der FN 303
(Bild: RJ / indy.ch)
Das in der Schweiz zum Einsatz kommende FN 303-Modell der Genfer Polizei ist farblich dem "Tränengas"/"Gummischrot"- Werfer TW 73 angepasst, so dass diese beiden Waffen auf den ersten Blick leicht verwechselt werden können.

Im Waffenmagazin Armed Forces Journal International schwärmt eine "Testperson": «Hervorragend [...]. Ich bin kein Fan von less-lethal Technologien, aber mit dieser Waffe traf ich auf 50 m ständig. Grossartige Technologie.»

Laut Herstellerangaben handelt es sich bei der FN 303 um eine halbautomatische Waffe vom Kaliber .68 (17.272 mm) mit einer Reichweite von bis zu 100 m. Die Geschosse werden in einer auswechselbaren 15-schüssigen Trommelmagazine zugeführt. Der volle Druckbehälter reicht für 110 Schuss. (Optional gibt es auch einen Druckbehälter für 65 Schuss.)

Die Mündungsgeschwindigkeit beträgt laut Hersteller 330 km/h, die Geschossenergie bei der optimalen Distanz von 50m 21.8 Joule, die Energiedichte 15 J/cm2, letztere liegt damit dreifach über der Sicherheitslimite für menschliche Haut und fünffach über der Sicherheitslimite für menschliche Augen [laut Beat P. Kneubuehl, Experte Bundesamt für Waffensysteme und Munition, zerreissen Geschosse ab einer Energiedichte von über 10 J/cm2 die Haut garantiert, bei Augen ab 6 J/cm2; um ein Eindingen von Geschossen in den menschlichen Körper auszuschliessen, müssen diese Werte nochmals halbiert werden!]. Die Spezialgeschosse (siehe Bild) wiegen 8.5 g. Die Stirnseite besteht aus "bröckeligem Metall" (Bismut), der Körper und die Stabilisierungsflossen aus Plastik (Polystyrene). Beim Aufprall sollen sie designgemäss fragmentieren und den Inhaltsstoff freigeben. Die Herstellerin bietet Geschosse mit verschiedenen Inhaltsstoffen an, u.a. Permanent-Farbe, z.T. auch mit einer Beimischung von 5% Pfefferspray-Wirkstoff. Welche Sorten die Genfer Polizei einsetzt, ist z.Zt. nicht genau bekannt.

Die Herstellerin vermarktet die Waffe treuherzig als «less than lethal»-Produkt von quasi "mannstoppender" Wirkung («stoppt jeden Angreifer sofort»), das ab einer minimalen Sicherheitsdistanz von 1m «ungefährlich» sei. Die primäre Wirkung bestehe aus einem «Trauma. Der dabei aufretetende Schock (15 J/cm2) neutralisiert den Angreifer unmittelbar». Trotzdem sei laut FNH USA «jegliches Risiko» von «Verletzungen durch Eindringen der Geschosse» in den getroffenen Körper «absolut ausgeschlossen». Auch die Genfer Polizei gab laut sda zu Protokoll, dass die Waffe höchstens «Blutergüsse» verursache.

 

Unten: Im Spital aus der Wunde herausgeklaubte Geschossfragmente
(Photos: Laurent Crottet / Le Matin )
 
Die Wahrheit sieht jedoch aller schönen Worte zum Trotz völlig anders aus: Gleich beim ersten Einsatz am 29.3.03 aus einer Distanz von 5-6 m durchschlug das Projektil mühelos die Schläfe der getroffenen Gewerkschaftssekretärin Denise Chervet und brach ihr zudem den Wangenknochen. Zahlreiche Metall- und Plastikfragmente mussten anschliessend im Spital aus der heftig blutenden Wunde entfernt werden. Eine Vielzahl der Metallfragmente des Projektils drangen jedoch so tief in den Knochen ein, dass sie wegen der Nähe zum gefährdeten Gesichtsnerv auch chirurgisch nicht mehr entfernt werden konnten (siehe ausführlichen Report).

Verräterisch auch, dass der Genfer Schütze, nachdem er sein Opfer bereits ein erstes Mal am Rücken "markiert" hatte, noch einen zweiten Schuss abfeuerte, der Denise Chervet dann in die Schläfe traf: Offensichtlich geht es der Genfer Polizei bei der FN 303 es weniger ums "Markieren" als darum, das Opfer – wie in der Werbung für die Waffe wiederholt beschrieben – durch «kinetischen Schock» «bewegungsunfähig» zu machen.

>> Trotz allem will die Genfer Polizei diese gefährliche Waffe auch in Zukunft nach Belieben einsetzen. Damit sind weitere Augenverluste oder gar Todesfälle klar vorprogrammiert!






2. Schussdistanz, Streuung und Typische Verletzungen durch «Gummigeschosse»

Trefferverteilung 20 Meter
Minimaldistanz gemäss Sicherheitsbestimmungen
 
Typische Verletzungen:


Übungsziel: Brustkorb in Bildmitte.
"Ernstfall": Hüftschuss von unten auf Kopf ("Notwehr")
 

 


Rißquetschwunde an der Oberlippe 

Auch deutlich jenseits der offiziellen "Minimaldistanz" (20 m) richten vor allem die hartgepressten schwereren Geschosse an ungeschützten Augen usw. irreversible Schäden an und nicht nur "blaue Flecken".
Allerdings ist das Risiko, von mehreren Geschossen beispielsweise auf beiden Augen gleichzeitig getroffen zu werden, jenseits von 20 m bedeutend kleiner (siehe Bild links).

     
Trefferverteilung 10 Meter

"Illegaler" Nahschuss ("Notwehr")
Übungsziel: Brustkorb in Bildmitte.
"Ernstfall": Hüftschuss von unten auf Kopf ("Notwehr")
 

"Illegaler" Nahschuß ca. 10 m
 

Durch dünne Sommerbekleidung nur schwache Dämpfung der Geschosse - die Haut platzt auf und die Form der Geschosse zeichnet sich gut sichtbar ab und hinterlässt krasse Narben, schwache Knochen brechen! (v.a. Finger, Nasenbein, Zähne)
Hohes Risiko für eine Vielzahl schwerer Treffer! Auch vom Boden abprallende Geschosse (Querschläger) richten schwere Schäden an!

     
Trefferverteilung 5 Meter
"Illegaler" Nahschuss ("Notwehr")
(Gegen einen Beamten gerichtet: "Mordversuch")

Übungsziel: Brustkorb in Bildmitte.
"Ernstfall": Hüftschuss von unten auf Kopf ("Notwehr")

 

"Illegaler" Nahschuß ca. 5 m
 

Durch dicke Winterkleidung Dämpfung und Verteilung der Wucht auf eine größere Fläche, deshalb "nur" Blutergüsse und keine offenen Wunden. Am rechten Oberschenkel ist deutlich zu erkennen, dass die meisten Geschosse noch kompakt "am Stück" aufprallten. (siehe Foto Überblick) 1980 wurde jemand so im Gesicht getroffen!

      Ohne Schutz:
 >> tiefe Rissquetschwunden,
 >> Knochenbrüche,
 >> viele schwerste Treffer gleichzeitig!


(Bilder: Foto Ueli Keller, GPK-Bericht S. 144 / Grafik SSI)
 
(Bilder: Verein betroffener Eltern)







    3. Statistik 30.5.-12.9.80:
    
57'750 "Gummigeschosse", 3 bekannte Augenverluste

 


«Eingesetzte
Kampfmittel ungefährlich»

«2263 Tränengasgranaten, 1699 Tränengas-Handwurfkörper, 94 Füllungen für Tränengaswerfer, 60 Liter Tränengaslösung für Wasserwerfer [Mischverhältnis 1:100], 189 Dosen Tränengas-Spray und 1650 Gummischrot-Ladungen hat die Polizei während der Unruhen vom 30. Mai bis 12. September 1980 eingesetzt. […] Die Gefährlichkeit der eingesetzten Mittel wurde als gering bezeichnet.»  

Polizeivorstand Frick belügt den Gemeinderat 3 Tage vor dem 4. Augenverlust innerhalb eines Jahres.  (Quelle:Tages-Anzeiger, 29.1.81)



 





4. Augenverletzungen durch "Gummigeschosse" aus medizinischer Sicht (Dokumentation Verein betroffenener Eltern)

 

DR. MED. WALTER F. STEINEBRUNNER
AUGENARZT FMH

TEL. 01 /201 66 44
8002 ZURICH, 26.10. 81
GENERAL-GUISAN-QUAI 32



Augenverletzungen durch Hartgummigeschosse

Die Verletzungen durch Gummigeschosse am Auge gehören zur Gruppe der stumpfen Traumen, deren vielfältigste Auswirkungen in der augenärztlichen Literatur ausführlich beschrieben sind. Stumpfe Traumen lösen am Auge entweder Prellungen (Contusionen) oder Risse (Rupturen) aus. Obschon die Energie, Form und Grösse eines Gummigeschosses durchaus genügt, um Zerreissungen, also Rupturen, des Auges auszulösen (was einzelne Zürcher "Fälle" gezeigt haben), sind doch die Mehrzahl der Gummigeschoss-Verletzungen "nur" Prellungen. Gerade Prellungen sind aber vielfach in ihren Auswirkungen bezüglich Sehfähigkeit oder Spätkomplikationen fast ebenso fatal wie Rupturen. Vom Laien und auch vom medizinisch aber nicht augenärztlich Gebildeten wird die Gefährlichkeit des Contusionstraumas am Auge stark unterschätzt.

Der morphologische Aufbau des Auges aus einer harten, widerstandsfähigen Hülle und sehr zarten, gefässreichen inneren Geweben bringt es mit sich, dass innere Verletzungen des Auges ebenso schwerwiegend sein können, ob nun die Augenhülle selbst auch eröffnet ist oder nicht. Das Auge verhält sich in einem gewissen Sinne vergleichbar dem Hirn bei Schädeltraumen, an dem bekanntlich auch schwere Verletzungen entstehen können, ohne dass der knöcherne Schädel eingedrückt ist. Es handelt sich hier meist um den sogenannten contre-coup-Mechanismus, der auf der Druckwelle beruht, die sich bei einem Schlag in einem solchen nicht dehnbaren Hohlkörper ausbreitet. Bei den durch Gummigeschosse ausgelösten Schäden können praktisch alle für den Sehakt wichtigen Teile des Auges schwerstens geschädigt werden. Leichtere Traumen betreffen häufig nur die vorderen Augenabschnitte mit Dehnung des Irismuskels, dadurch ausgelöster Störung der Hell- und Dunkeleinstellung sowie manchmal auch der Naheinstellung des Akkomodationsapparates. Spätfolgen von Traumen mittlerer Stärke sind nicht allzu selten ein grüner Star, der erst Jahre oder sogar erst ein Jahrzehnt nach dem Trauma auftreten kann oder auch erst spät auftretende Linsentrübungen (grauer Star). Werden aber die hinteren Augenabschnitte: Glaskörper, Netzhaut und Aderhaut mitbetroffen, ist meist die Prognose noch schlechter: Zerreissungen der Aderhaut oder Faserzerreissungen des optischen Nervs führen meist zu ganz schweren Seheinschränkungen  (siehe Interview). Die Prognose von traumatisch ausgelösten Netzhautablösungen (einer weiteren möglichen Komplikation) kann zwar durch Operationen meist etwas verbessert werden, dennoch ist eine schwere Invalidisierung des betroffenen Auges sicher. Auch hier können Spätkomplikationen noch nach längerer Zeit auftreten. Eine Ruptur des Auges bedeutet praktisch mit 100%iger Sicherheit den totalen Verlust der Sehkraft, meist aber auch noch den Verlust des Auges als solches, d.h. das schwer traumatisierte und narbengeschrumpfte Auge muss später entfernt werden  [siehe Interview].

Die Gefährlichkeit des Gummigeschosstreffers wird klar, wenn man ihn mit anderen Arten von Traumen vergleicht: Es ist augenärztlicherseits bekannt, dass z.B. schon durch Champagnerpfropfen schwerste Prellungen bis zur Erblindung ausgelöst werden können, desgleichen von schnellenden Fixiereinrichtungen an Gummibändern z.B. bei Expandern oder bei Einrichtungen zur Gepäckbefestigung auf Autoträgern. Die Augenärzteschaft hat sich auch einmal verdankenswerterweise bei einer Firma darum bemüht, die mit einem Kraftnahrungsmittel gelieferten Expander wieder aus dem Markt zurückzuziehen, weil Augenverletzungen gerade auch bei Kindern dadurch in bedenklicher Anzahl aufgetreten sind. Bekannt sind auch schwere Augenverletzungen durch Tennis- und Squashbälle.

 
 
Bild: nadir.org

Wenn man das Gummigeschosstrauma mit diesen andern Typen von Traumen vergleicht, erkennt man seine besondere Gefährlichkeit. Die Kleinheit des Gummigeschosses bringt es mit sich, dass es oft mit seiner ganzen Energie allein nur das Auge trifft und dass nicht ein Teil davon auf der knöchernen Umgebung des Auges abgefangen wird [siehe Typische Rissquetschwunde]. Es ist in seiner Wirkung am ehesten vergleichbar mit massivsten Faustschlägen, bei denen der Treffer so abläuft, dass ein vorstehender Teil der Faust, z.B. ein Fingergelenk oder eventuell auch ein Schlagring, das Auge voll trifft, bevor der übrige Teil der Faust auf der knöchernen Umgebung des Auges abgebremst wird. Während bei Tennis- und Squashballverletzungen kaum Rupturen vorkommen, findet man solche bei Gummigeschossen und eben auch bei besonders unglücklich gelandeten Faustschlägen in einem nicht zu vernachlässigenden Prozentsatz.

[Unterschrift]                 


Berechnung der kinetischen Energien der in Zürich verwendeten
Gummigeschosse sowie eines Tennisballes

 
Masse
[g]
Geschwindigkeit
[km h -1]
kinetische
Energie [J]
Gummigeschoss
9
200
14
 
18
200
28
Tennisball
57
150
45

Die in dieser Berechnung verwendeten Zahlen wurden der Tagespresse entnommen.

[ >>> Gefälschte Werte bei Polizei und Bundesamt für Waffensysteme und Munition ]






5. Stellungnahme Augenklinik Universitätsspital Zürich
(Dokumentation Verein betroffenener Eltern)


Universitätsspital Zürich
Augenklinik
______________________________________________________

Direktor: Prof. Dr. R. Witmer
  Rämistrasse 100, 8091 Zürich
Telefon 01 - 255 11 11
Durchwahl: 01 - 255 26 00



Zürich, 20.Juli 1981 / sz


Betr.: Gummigeschosse der Polizei.


Ich komme zurück auf unser Gespräch vom 19.6.81, während welchem Sie von mir e
ine Stellungnahme gegen die von der Zürcher Polizei eingesetzten Gummigeschosse verlangten.

Ich muss Ihnen leider sagen, dass ich diesem Verlangen nicht entsprechen kann. So sehr ich als Arzt die zum Teil schweren Verletzungen durch diese Geschosse und die davon Betroffenen bedaure, so wenig kann ich mich mit dem gewalttätigen Vorgehen der jugendlichen Demonstranten einverstanden erklären.

Eine offizielle Stellungnahme meinerseits gegen diese Gummigeschosse würde ohne Zweifel als Sympathiekundgebung für die Chaoten interpretiert und ich müsste mich gegen die bestehende Rechtsordnung und die sie verteidigende Polizei stellen. Dies kann ich sowohl aus politischer Ueberzeugung als auch als Angestellter unseres Rechtsstaates nicht tun.

Ich hoffe, dass Sie meine Auffassung verstehen und verbleibe

mit freundlichen Grüssen         

                        [Unterschrift]                               

Prof.Dr.R.Witmer            






    6. Statistik 1.5.96:
    
5'470 "Gummigeschosse", 1 bekannter Verletzter mit 3 Gesichtstreffern

 


Materialverbrauch der Stadtpolizei

 

Die Stadtpolizei hat am 1. Mai 1996 insgesamt 142 Reizstoffgranaten mit CS-Gas, 164 Schüsse Gummischrot, 76 Reizstoff-Handwurfkörper mit CS-Gas und 40 Liter CN-Reizstoff für Wasserwerfer (Mischverhältnis 1:100) eingesetzt.

(GPK-Bericht, S. 57)



 





7. Dokumentierte Augenverluste / Interviews mit Verletzten / Fallbeispiele
Bisher sind PigBrother 11 dokumentierte Fälle von Augenverlust durch "Gummigeschosse" bekannt. Es ist jedoch von einer beträchtlichen Dunkelziffer auszugehen. (Unter «Augenverlust» rechnen wir hier Fälle mit einem Sehverlust von über 50%, was infolge der bekannten Spätfolgen in der Regel über kurz oder lang zu völliger Blindheit führt.)

Fall #1: Weiblich, 20 Jahre, Augenverlust 4.7.80 (Dokumentation Verein betroffenener Eltern)

"Ich wohnte damals im Kanton Aargau. Am 4. September 1980 war ich in Zürich, um meine Ferein in Griechenland zu regeln. Nach einem Kinobesuch verliess ich den Bahnhof um 10 Uhr Richtung Landesmuseum. Ich merkte erst gar nicht, dass etwas los war. Erst als ich mich umdrehte, sah ich Menschen in Richtung Bahnhof rennen. Die Polizei war durch ein blockiertes Tram für mich unsichtbar. Als die Polizisten um das Tram gerannt kamen, wurde ich aus ca. vier Metern Entfernung getroffen. Ich brach zusammen. Ein Polizist kam zu mir und schrie mich an, ich solle verschwinden. Ich sagte ihm: "Mein Auge läuft aus." In der Ambulanz wurde ich beschimpft, die Sanitäter schrien mich an, wollten meine Personalien. Ich konnte vor Schmerzen gar nicht reden.

Ich war zwei Wochen im Kantonsspital. Erst sagte man mir, ich könne das Auge behalten, ich würde hell und dunkel unterscheiden können. Eine Ärztin sagte mir dann aber, das Auge sei verloren und gefährde das andere. Es wurde dann einige Wochen später von Professor Gloor in Basel entfernt.

Die Polizei behauptet, es sei gar kein Gummigeschoss gewesen, sondern ein von Demonstranten geworfener Stein. Das herausgenommene Auge wurde auf Partikel von Gummi und Mineralien untersucht. Ohne Resultat. Laut den Ärzten kann jedoch die Verletzung nur von einem Gummigeschoss stammen.

Ich war vier Monate lang arbeitsunfähig. Die SUVA weigerte sich, mir einen Verdienstausfall zu bezahlen. Die Krankenkasse bezahlte die Operation.

Ich habe eine abgeschlossene Berufslehre als Schriftsetzerin. Gegenwärtig besuche ich den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule Basel. Meine Eltern unterstützen mich. Ich habe ein Stipendium und verdiene noch etwas mit Gelegenheitsarbeit dazu.

Das gesunde Auge ist durch meine Tätigkeit dauernd überlastet."

 

   (Interview 1.9.81)     




1. Mai 96  "rechtmässige Verhaftung"
(Beurteilung der Mehrheit der GPK, Bericht S. 153 ff)


Verhaftung am Bahnhofquai   Bild: Stadtpolizei
 

Bemerkungen der Minderheit* der GPK zur Verhaftung:
(*Emil Grabherr, Peter Mächler)
"Musterbeispiel eines Chaoten … Es ist nötig, dass unsere Gesellschaft Mittel und Wege findet, um solche Leute aus ihrem Wirkungskreis zu ziehen, um ihnen mit geigneten Massnahmen den eigentlichen Sinn unserer demokratischen Gesellschaft näherzubringen."




Fall #2: Männlich, 22 Jahre, Netzhautriss 4.7.80
(Dokumentation Verein betroffenener Eltern)

"Am 4.12.80, anlässlich des Kinks-Konzertes im Volkshaus, kam es zum Versuch der Bewegung, einen Gratiseintritt zu erzwingen. Ich war etwas spät dran. Als ich ankam, waren ca. 50 Leute anwesend. Eine Eingangsscheibe ging in Brüche. Nach 5 Minuten erschien die Polizei und kreiste uns ein. Ich rannte davon. Zwei Polizisten kamen um die Ecke. Einer schoss mir aus 2 Meter Entfernung die ganze Ladung Gummigeschosse ins Gesicht. Ich wurde am rechten Auge, an der Nase, praktisch im ganzen Gesicht getroffen. Ich hatte eine leichte Gehirnerschütterung und erbrach mich. Ob von der Gehirnerschütterung oder von den grauenhaften Schmerzen im Auge, weiss ich nicht.

Einsatzleiter Trachsel weigerte sich, mich ins Spital zu lassen. Ich wurde verhaftet und mit den anderen ins Kripogebäude transportiert. Ich wurde sehr bald Komissär Schönbächler vorgeführt. Trotz meiner Schmerzen und obwohl ich inzwischen aussah wie Frankenstein, über meinen Zustand also keine Zweifel herrschten, bestand er darauf, dass zuerst ein Protokoll gemacht würde.

Frage: Wurden Sie geschlagen? Nein. Wissen Sie, wer geschossen hat? Nein. Im Protokoll, das ich nicht unterschrieb, stand dann, ich wisse nicht, woher meine Verletzungen kämen. Nach der Protokollaufnahme wurde ich in einen Raum gesperrt. Es verging dann noch eine weitere halbe Stunde, bevor ich ins Spital transportiert wurde.

Die Dignose lautete auf Netzhautriss. Ich wurde ambulant behandelt und Weihnachten 1980 operiert. Zurück blieb eine Netzhautverkrümmung. 90% Sehverlust am rechen Auge. Ich hatte grosses Glück, dass ich nicht auch das linke Auge verlor, ein Gummigeschoss traf mich nur einen Zentimeter links davon.

Ich habe einen Prozess wegen Landesfriedensbruch vor mir.

Meine Klage gegen die Polizei wurde noch nicht behandelt.

Die Spitalkosten wurden übrigens von meiner Versicherung anstandslos bezahlt."

 

   (Interview 14.8.81)
 

In den Medien hiess es damals, der Verletzte sei "nach wenigen Minuten […] mit einer von der Polizei bestellten Ambulanz in die Notfallstation überführt" worden. Einem anderen Verhafteten, der sich nicht erkennungsdienstlich behandeln lassen wollte, wurde am selben Abend im Kripo-Gebäude von Polizisten ein Arm gebrochen. (Tages Anzeiger, 8.12.80)  




Fall #3: Weiblich, 16 Jahre, Augenlinse zertrümmert Dez. 80 (Dokumentation Verein betroffenener Eltern)

Im Dezember 1980 verbrachte sie einen Abend mit ihrem Freund im Niederdorf. Ihr Heimweg führte am AJZ vorbei, wo gerade ein Polizeieinsatz stattfand. Polizisten kamen ihr aus einer Seitenstrasse entgegen. Sie wurde von Gummigeschossen getroffen und stürzte zu Boden. Ihr Freund, der erst flüchtete, sie dann liegen sah, eilte zurück, um ihr zu helfen und wurde von der Polizei zusammengeschlagen. Beide blieben liegen, schleppten sich dann in ein Restaurant, wo sie erste Hilfe bekam.

Sie wurde im Juni 1981 zum zweiten Mal operiert. Die Linse ihres Auges musste entfernt werden. Sie ist auf diesem Auge vollständig blind. Ob sie je wieder mit Hilfe von Kontaktlinsen etwas sehen wird, ist ungewiss.

Bei unserem Besuch machte sie einen zerbrechlichen, deprimierten Eindruck. Ihre KV-Lehrstelle hat sie aufgeben müssen, da sie unter ständigen Kopfschmerzen leidet.

Die Krankenkasse weigert sich, auch nur das Geringste zu bezahlen. Die Polizei behauptet, an dem bewussten Abend gar keine Gummigeschosse abgefeuert zu haben. Die Verletzte gehört nicht zur Bewegung.

(Interview vom 22.6.81)   

Ein zweites Treffen, um das wir zur Abklärung der genauen Daten baten, wurde uns von der Mutter verweigert. Die Verletzte sei in schlechter psychischen Verfassung und wolle nichts mehr mit der Sache zu tun haben. Aus diesem Grunde sind die Angaben in diesem Fall weniger präzis als in den anderen.

  




Fall #4: Weiblich, 20 Jahre, Augenverlust 31.1.81
(Dokumentation Verein betroffenener Eltern)

"Am 31. Januar 1981 besammelten wir uns vor dem Landesmuseum und besprachen miteinander, was wir tun wollten. Plötzlich kamen die Wasserwerfer von der Walchebrücke und vom Bahnhofquai her. Die Polizei umzingelte uns, ich wurde nach hinten, rechts vom Eingang, an das Gebäude gedrückt. Wie ich nachher erfuhr, wollte vorne links einer aus der Umzingelung ausbrechen, daraufhin setzte die Polizei Tränengas ein; wir im Hintergrund konnten kaum mehr atmen, wir liefen deshalb nach vorn mit erhobenen Händen, was ein grosser Fehler war. Einer Frau, die die Hände vors Gesicht hielt, wurde ja dann ein Finger gebrochen von den Gummigeschossen. Mich traf ein Gummigeschoss ins linke Auge. Ich rannte blind nach vorn, ein Sanitäter und ein zufällig anwesender Arzt betreuten mich sofort. Ein Polizist funkte um einen Krankenwagen, und ich kam sehr rasch ins Spital.

Bild: Verein betroffener Eltern

Hasenjagd im Polizeikessel – Auge ausgeschossen!
 Sie wollte sich "mit erhobenen Händen" vor dem "Tränengas" in Sicherheit bringen
– einer anderen Frau wurde dabei gleichzeitig durch "Gummigeschosse" ein Finger gebrochen. (Vgl Interview)
 Eingekesselte Demo vor dem Landesmuseum, 31. Januar 1981
mehr Gräueltaten

Im Spital habe ich mit Ärzten und Schwestern im grossen und ganzen positive Erfahrungen gemacht. Mein Auge konnte nicht gerettet werden. Ich werde später eine Kontaktschale erhalten.

Für die Operation, die Spitalkosten usw. sind bis jetzt meine Eltern aufgekommen - sie stehen überhaupt voll und ganz zu mir. Weder die Krankenkasse noch die Unfallversicherung wollen bezahlen. Nach IV-Reglement hätte ich Anrecht auf eine 20 bis 25%ige Rente wegen Verlust eines Auges. Die ganze Sache ist beim Rechtsanwalt, der einen Prozess gegen die Polizei und gegen die Versicherung vorbereitet.

Wie es mir heute geht? Ich ermüde rascher als andere. ich bin mitten drin in der Ausbildung zur Krankenschwester. Bei der Arbeit geht es gut, aber wenn wir Schule haben, liegt zusätzliches Lesen oder gar Fernsehen nicht drin. Ich trage ständig getönte Gläser, weil man vorläufig das kaputte Auge noch sieht. Schmerzen habe ich keine, aber die Ärzte haben mir solche für später prophezeit.

Ich stehe voll und ganz zu den Anliegen der Jugendbewegung. Nur bin ich jetzt sehr vorsichtig und zurückhaltend, wenn Polizeieinsätze drohen."

   (Interview 17.11.81)     




Fall #5: Männlich, Augenverlust, 80er Jahre
(Interview Dr. med. Walter F. Steinebrunner)

Dr. Steinebrunner weiss von einem weiteren Fall von Augenverlust (schwerer Sehverlust), von dessen Behandlung er erfuhr. Das Opfer, ein 100% unbeteiligter nicht-jugendlicher Bürger, wollte aber keinesfalls, dass sein Fall an die Öffentlichkeit drang, da er privatversichert war und keinen Rummel wollte.

Männlich, 3 schwere Kopftreffer, 1.5.96
(Einsatz der Stadtpolizei bei den Auseinandersetzungen vom 1. Mai 1996. Bericht der Geschäftsprüfungskommission an den Gemeinderat. S. 143-6)

X.X. erzählte der Subkommission, dass er sich als Festteilnehmer im Zeughaushof aufgehalten habe, seine Frau und die beiden Kinder seien auf der Kasernenwiese gewesen. Als nach 13 Uhr erste Tränengasschwaden in den Zeughaushof gelangten, sei er seine Frau und die Kinder suchen gegangen, habe sie aber nicht gefunden. In der nächsten Zeit habe er einigen Leuten des 1 .-Mai- Komitees geholfen, Kinder und Frauen zur Bühne und zum dahinter liegenden Ausgang zur Zeughausstrasse zu bringen. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse habe er vor allem türkischen Landsleuten gesagt, sie sollen den Hof verlassen. […]


Er habe gesehen, wie von der Kanonengasse her einige Polizisten auf ihn und seine Kollegen zugekommen seien. Er sei ein paar Schritte auf sie zugegangen, um zu erklären, dass sie das Tor schliessen wollten. Auf der Strasse vor dem Eingang habe er den Polizisten mit Handbewegungen zu verstehen gegeben, sie sollten nicht schiessen.

Darauf habe einer der Polizisten, ohne mit ihm ein Wort gewechselt zu haben - so die Aussage von X.X. - aus nächster Distanz mit Gummischrot auf ihn geschossen. Der Schütze habe das Gewehr auf Hüfthöhe gehalten und im Direktschuss aus einer Distanz von zwei bis drei Metern geschossen ["Notwehr"]. X.X. wurde von drei Gummigeschossen getroffen - einem auf der Stirn, das eine starke Blutung hervorrief, je einem auf der rechten und der linken Wange, unterhalb der Augen.

Er sei getaumelt und habe benommen auf der Strasse gekniet. Zwei Kollegen hätten ihn in den Hof begleitet, wo seine Wunden behandelt worden seien.

Später wurde X.X. mit dem Sanitätswagen ins Universitätsspital gefahren, wo eine Rissquetschwunde genäht wurde. Der Schütze und seine Kollegen hätten sich nicht um den Verwundeten bemüht. […]

Beurteilung der Mehrheit* der Geschäftsprüfungskommission
*Ueli Keller (Präsident), Maya Burri-Wenger, Susanne Erdös-Schärer, Robert Kaeser, Christine Marchetto-Grütter, Monika Piesbergen, Theres Renner, Robert Schönbächler, Andres Türler.

Die Geschäftsprüfungskommission stellt fest, dass das Schiessen von Gummischrot gemäss Dienstanweisung nur unter Einhaltung einer Minimaldistanz von 20 Metern erfolgen darf. Aufgrund der Schiessversuche, die die Subkommission aus verschiedenen Distanzen durchgeführt hat [siehe
Schussdistanz, Streuung, Typische Verletzungen], muss die Geschäftsprüfungskommission davon ausgehen, dass diese Minimaldistanz im vorliegenden Fall - drei Treffer ins Gesicht - nicht eingehalten worden ist.

Die Geschäftsprüfungskommission hat im Einvernehmen mit dem Polizeivorstand und dem Geschädigten am 30. Oktober 1996 bei der Bezirksanwaltschaft Zürich Strafanzeige gegen Unbekannt wegen schwerer Körperverletzung, Amtsmissbrauch und Unterlassung der Nothilfe zum Nachteil von X.X. eingereicht.

Beurteilung der Minderheit* der Geschäftsprüfungskommission
*Emil Grabherr, Peter Mächler

Dass die Schussabgabe möglicherweise unterhalb des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes erfolgte, hat der Betroffene durch sein überraschendes Hinaustreten auf die Strasse selber zu verantworten. […]

Ob der unbekannte Schütze den stämmigen und grimmig aussehenden Mann augenblicklich auf sich zukommen sah oder sein Augenmerk auf den «Schwarzen Block» richtete und deshalb von X.X. von der Seite her überrascht wurde, ist nicht klar.

Es ist auch festzuhalten, dass in Notwehrsituationen die Minimaldistanz von 20 Metern unterschritten werden darf. […]

Es ist allenfalls zu prüfen, ob X.X. einen polizeilichen Einsatz behinderte und sich damit strafbar gemacht hat.

Vollständiger Text  GPK-Bericht S. 143-6


Fall #6: Männlich, Verlust beider Augen, 1.5.91
(Dokumentation PK 17.5.91, Interview mit RA Bosonnet, Anwalt des Opfers)


Während der Nachdemo des 1.5.91 kam es zu einem Polizeieinsatz, der vom Anwalt des Opfers geschildert wird wie folgt: «Bei der Polizeikaserne zählten die Demonstranten von Zehn bis Eins und setzten dann die folgenden 50 Meter im Laufschritt zurück. Dies ist eine altbekannte Verhaltensweise. Schon hier fühlten sich die Fahrzeuglenker der Polizeifahrzeuge verunsichert. Sie versuchten die Demonstranten abzudrängen, einmal gegen ein Tram. Vor der Höhe Militärstrasse beschlossen die Demonstranten die Kundgebung zu beenden und auf das Kasernenareal an die 1. Maifeier zu gehen.
Die Polizeifahrzeuge versuchten dies zu verhindern. Ein Demonstrant wurde von einem Polizeifahrzeug derart abgedrängt, dass er fast überfahren wurde. Nur wenige Meter vor einem Polizeifahrzeug stand Herr Osman als er sah, wie ein Polizist mit dem Gummigewehr auf ihn zielte und abdrückte. Bis zu diesem Zeitpunkt sind keine Steine geflogen. Im Spital musste ihm aufgrund dieser Verletzung [zunächst] ein Auge entfernt werden.»

Diese Darstellung wird auch von Zeugen gestützt: «Als ich auf der Höhe Sihlporte Herr [Polizeivorstand] Neukomm traf, machte ich ihn darauf aufmerksam, dass die Polizei mit ihren Fahrzeugen einen sehr provokativen, zu geringen Abstand einhalten. (ca 1 - 6 Meter, Fotos 1, 2) [...] Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass bei einer Auseinandersetzung die Mindestdistanz von 20 Metern nicht eingehalten werden könne [...].» Zudem hätten sich die Beamten «provokativ» verhalten, «vor allem, wenn die Türen der Mannschaftswagen offen sind und die Polizisten provozierende Zeichen und Faxen machen.
Worauf mir Herr Neukomm keine Antwort gab [...].»
Als die vorausfahrenden Fahrzeuge bemerkt hätten, dass die «Demonstranten in die Militärstrasse einbogen», «setzten sie ihre Fahrzeuge im Eiltempo zurück und schossen mit Gummigeschossen auf die rennenden Demonstranten. Erst nach diesem Gummigeschosseinsatz wurden die Polizisten mit Steinen beworfen.»

Infolge von bei Entfernung eines Auges öfters vorkommenden Komplikationen musste dem Opfer in der Folge auch noch das 2. Auge entfernt werden.

Wie üblich behauptete die Polizei zunächst, die Verletzung könne unmöglich von einem Gummigeschoss stammen, sondern sei im Gegenteil auf einen Steinwurf durch Demonstranten zurückzuführen.

In der Folge kam es zu einem Verfahren gegen Polizeivorstand Neukomm, den Einsatzleiter vor Ort und den Schützen. Wie üblich wurden sämtliche Verfahren eingestellt mit der Begründung «Notwehr [was denn sonst?!]».



Fall #7: Augenverlust 1998
(Interpellationsantwort 28.11.01)


Laut Stadtrat
handelt es sich um «1 Augenverletzung mit 100 Prozent Sehverlust». Mit der beliebten Ausrede, der Fall sei «noch pendent» verweigern Stadtrat und Polizei wie gehabt jegliche weitere Auskunft.



Fall #8: Männlich, 21, mehrere Augenrisse, 19.12.00
(Vorwärts Nr. 15/16, 13.4.01)


Am 19. Dezember 2000 findet in Zürich eine bewilligte Demonstration gegen die Niederschlagung des Aufstandes von Gefängnisinsassen in der Türkei statt. Die festgelegte Marschroute führt vom Besammlungsort Helvetiaplatz zum türkischen Generalkonsulat an der Weinbergstrasse 65, wo eine Protestnote verlesen wird.

Auch XY nimmt an dieser Demonstration teil. Er steht bei der Schlusskundgebung im hinteren Teil auf der gegenüberliegenden Strassenseite des Konsulats. "Ich war gerade daran eine Frau über die Ziele der Demo aufzuklären. Da traf mich ein Geschoss ins rechte Auge." Augenblicklich geht er zu Boden und wird von seinen Kollegen in Spitalpflege verbracht. In einer sofortigen Operation werden Risse in Regenbogenhaut, Iris und Linse genäht. Trotz sechs weiteren Operationen bleibt der Augendruck aber zu klein: XY bleibt eine Sehfähigkeit von zwanzig Prozent.

Die Schweizerische Unfall- und Versicherungsanstalt SUVA macht Abklärungen bezüglich einem Selbstverschulden und kürzt XY während seines verletzungsbedingten Arbeitsausfalles das Unfalltaggeld (80% des letzten Lohnes) um die Hälfte. Der Arbeitgeber von XY kündigt ihm nach dem Augenverlust mit der Begründung, er sei "nicht teamfähig".

Eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung wird eingereicht. Die Staatsanwaltschaft sucht in einer internen Untersuchung den fehlbaren Schützen zu eruieren, weil ohne Täter kein Verfahren eröffnet werden kann. Deshalb wird wohl auch dieser Fall im Sand verlaufen. Bisher wurden keine Resultate bekannt.

Die Stadtpolizei hat nach eigenen Angaben bis 8.5.01 offiziell keine Kenntnis von dieser Augenverletzung.

  



Fall #9: Männlich, 45, Netzhautriss, 27.1.01 Offener Brief
(Vorwärts Nr. 6/7, 9.2.01 und Nr. 10, 9.3.01)

Am 27. Januar fährt kurz nach 18 Uhr ein Zug aus Landquart im Hauptbahnhof Zürich ein. Den Wagen entsteigen TeilnehmerInnen der Anti-WEF-Kundgebung, die wenig später auf eine Demonstration vor dem Landesmuseum stossen. Zur selben Zeit nähert sich XY dem Hauptbahnhof: "Ich wollte mit einem Kollegen einen Freund auf dem Bahnhof Zürich abholen."

Dann feuern die zur Sicherung des Bahnhofs postierten Polizisten Gummischrot gegen die Demonstration. XY befindet sich trotz einer Entfernung von über 20 Metern im Streubereich. "Am Eingang wurde ich unvermittelt von einem Gummigeschoss am rechten Auge getroffen und sank zusammen." Im Spital wurde der Netzhautriss genäht. Trotzdem drohen Entzündungen. Wahrscheinlich muss auch dieses Auge entfernt werden. So oder so hat XY heute einen Sichtverlust von 90%.


Bei der Staatswanwaltschaft wurde Anzeige gegen Unbekannt eingereicht wegen schwerer Körperverletzung. Eine Untersuchung soll herausfinden, ob Stadt- oder Kantonspolizei für den Gummigeschosseinsatz verantwortlich ist.

Dem Einsatzleiter der Stadtpolizei wurde dieser Fall noch am gleichen Abend aus dem Spital telefonisch gemeldet (vgl. Interpellation). Trotzdem hat die Stadtpolizei nach eigenen Angaben bis 8.5.01 offiziell keine Kenntnis von dieser Augenverletzung.

Auch nach mittlerweile über 3 Jahren hat sich betreffend der Strafanzeige noch nichts getan, bzw. wurde von den Behörden noch kein Täter eruiert oder gar Anklage erhoben. Die Stadtpolizei hatte gleich mal zu Protokoll geben lassen, sie führe prinzipiell kein Buch darüber, welche BeamtInnen jeweils mit "Gummigeschoss"-Gewehren ausgerüstet seien.




Fall #10: 70% Sehverlust 11.10.03
(Meldung an PigBrother)


Wie erst jetzt bekannt wurde, kam es am 11.10.03 während des "Reclaim the Streets" in Zürich zu einem weiteren Augenverlust durch "Gummigeschosse". Dass bei einem weiteren Fall von 4 schweren Kopftreffern (!!!!) kein weiteres Auge verletzt wurde, ist blosser glücklicher Zufall.

Bekanntlich wurden durch den Polizeiensatz gegen den friedlichen Kulturumzug die Quartiere 4 + 5 stundenlang mit "Tränengas" eingenebelt. Zusätzlich kam es zu gravierenden "Gummigeschoss"-Verletzungen.

Bereits am Limmatplatz hatten diverse Beamte mit "Gummigeschossen" auf Kopfhöhe in den Umzug gezielt.

Vor der Langstrassenunterführung versuchten dann einige Beamte, den letzten Wagen in ihre Gewalt zu bekommen. Es gelang dem Fahrer jedoch, mit dem Zündungsschlüssel durch die Beifahrertür zu entkommen. Später konnte er in einem unbeobachteten Moment das Fahrzeug wieder behändigen und durch einen Blitzstart durch die Unterführung wieder zum Umzug aufschliessen.

Die düpierten Beamten, frustriert durch die erlittene Schlappe, deckten darauf die gesamte Unterführung (in der sich noch viele TeilnehmerInnen aufhielten) grossflächig mit "Tränengas" und die auf der Limmatseite der Unterführung verbliebenen Personen aus kürzester Distanz massiv mit "Gummigeschossen" ein. Dabei wurde u.a. eine Person durch ein "Gummigeschoss" ins Auge getroffen. Die blutende Person wurde schliesslich mit der Ambulanz ins Spital gefahren und behandelt. Der Sehverlust beim getroffenen Auge beträgt z.Z. 70%, es ist mit weiteren Komplikationen zu rechnen.

Zusätzlich deckte die Polizei einen Videojournalisten, der die ganze Szene gefilmt hatte, gezielt und exzessiv mit "Tränengas" ein (siehe http://fliegen.pilz.li).

Beim Helvetiaplatz musste eine weitere Person mit 4 schweren Kopftreffern (blutende Rissquetschwunden) ambulant verarztet werden. Dass es dabei nicht zu weiteren Augenverlusten kam, ist wohl kaum das Verdienst der Polizei, sondern lediglich ein glücklicher Zufall.

--> Wie üblich stand über diese gravierenden Verletzungen nichts in den Medien – nicht zuletzt wegen mangelnder Information. Deshalb der übliche dringende Aufruf an alle ZeugInnen, sich bei PigBrother zu melden!




Fall #11: Netzhautablösung 16.12.03
(Meldung an PigBrother)


Der Verletzte wurde in Bern aus einer Distanz von 3-4 Metern getroffen. Netzhautablösung, z.Z. 80% Sehverlust, zusätzlich blutende Wunde unterhalb des Auges. Wurde am 8. Januar operiert, weitere Operationen erforderlich. Hat Anzeige eingereicht.


Sein an der PK vom 18.3.04 veröffentlichtes Gedächtnisprotokoll:

«16. Dezember, Guisanplatz, Bern, 16.30 Uhr: Rund 10'000 Armeefans strömen ins Eisstadion, um der Geburtstunde der Armee XXI beizuwohnen. Gleichzeitig besammeln sich 200 ArmeekrritikerInnen beim Bea-Messeglände um die Armeefans mit einer satirischen Protestparade zu empfangen und gegen den zunehmenden Einsatz von Armeeangehörigen als Hilfssheriffs bei Demonstrationen und den Mitlitarismus im allegemeinen zu demonstrieren.

Und natürlich ist auch die Berner Stadtpolizei mit einem Grossaufgebot anwesend. Diejenigen die vor dem angekündigten Zeitpunkt beim Besammlungsort der Kundgebung eintreffen und aufgrund ihres Äusseren im Verdacht stehen armeekritisch eingestellt zu sein, werden von der Polizei kontrolliert und verhaftet. Erst als eine Gruppe von rund 25 DemonstrantInnen mit rosa Panzern und Kartongewehren und einer eigenen Kavallerie beim Guisanplatz ankommen und zahlreiche Medienschaffende begannen zu filmen und fotografieren, hört die Polizei auf, die eintreffenden DemonstrantInnen zu verhaften.

Nachdem die TeilnehmerInnen der Armeefeier alle unbeschadet ins Eisstadion gelangten, beginnt die Polizei die angehaltenen mit Handschellen gefesselten ArmeeekritikerInnen in einen bereitstehenden Kastenwagen zu verfrachten. Die DemoteilnehmerInnen eilen zu Hilfe und versuchen den Kastenwagen mit einer Sitzblockade am Wegfahren zu hindern, was von den Polizeigrenadieren mit einem brutalen Knüppeleinsatz unterbunden wird. Ein Kundgebungsteilnehmer muss sich darauf mit einer blutenden Kopfwunde zur Behandlung ins Spital begeben.

Die KundgebungteilnehmerInnen bleiben vor Ort und warten bis das einstündige 140’000 Franken teure Armeespektakel in der Eishalle beendet ist, um die patriotischen Zuschauer beim nach Hause gehen zu verabschieden.

Zwischenzeitlich formieren sich die DemonstrantInnen zur Protetparade auf einen nahegelgenen Parkplatz. Den Eingang zu den Bea Hallen hat die Polizei mit einem Gitterzaun abgesperrt, dahinter befinden sich eine Hand voll Polizeigrenadiere, was die Aufmerksamkeit einiger DemonstrantInnen auf sie zieht. Sie beginnen am Gittterzaun zu rütteln und einige bleiben noch beim Zaun als der Grossteil der DemonstrantInnen schon weitergezogen ist. Aus einiger Entferrnung beobachte ich wie rund 30 Polizeigrenadiere im Laufschritt vom Guisanplatz her kommend der Bea Halle entlang rennen, auf die wenigen am Gitterzaun verbleibenden KundgebungsteilnehmerInnen zu. Um diese vor der heraneilenden Gefahr in Blau zu warnen, begebe ich mich in deren Richtung. Ich rufe den Leuten am Zaun zu, sie sollen doch besser weiter gehen, als ich plötzlich einen starken Schlag am Kopf verspüre und einen lauten Knall höre. Ich gehe zu Boden und spüre das Blut aus meinem Auge in meine Hände tropfen. Was ich immer als Möglichkeit verdrängt hatte ist eingetroffen: ich wurde von einem Gummigeschoss im Auge getroffen, abgefeuert aus einer Distanz von 3 – 4 metern von einem Berner Stadtpolizisten.

Ein durch die Demo blockierter Autofahrer bringt mich ins Inselspital, wo mir eine Wunde unterhab des linken Auges zugenäht wird. Meine Sehkraft im linken Auge bleibt stark eingeschränkt. Aufgrund des Schlages des Gummigschoss löst sich die Netzhaut ab, was mit einer Operation anfangs Januar versucht wird rückgängig zu machen, was auch gelingt. Die Sehstärke meines inken Auges bleibt jedoch auf 20% beschränkt und eine längerfritge Prognose können die Ärzte erst Mitte April, nach der nächsten Konsultation, stellen. Sicher ist jedoch, dass ich bleibende Schäden davontragen werde und mir wahrscheinlich noch weitere Operationen bevorstehen.

Am 15. März habe ich Anzeige gegen die Stadtpolizei wegen schwerer Körperverletzung, Amtsmissbrauch und Nötigung eingereicht.»






8. Links

Mehr Infos über Gummigeschosse auch in Deutschland und Irland etc:

GUMMIGESCHOSSE - Erprobt in Irland und in der Schweiz, geplant für Deutschland. Broschüre 1983
online bei nadir.org

GUMMIGESCHOSSE, WASSERWERFER, CS - Schnellabschaltung der Bürgerrechte: Die neuen Waffen der Polizei. Broschüre 1986 online bei nadir.org

Voll Ins Auge. TEMPO-Artikel aus den 80ern auf http://www.polizeidoku-giessen.de.vu



Dossier "Gummigeschosse"






No.  6'666'666'667

Dossier 1: "TRÄNENGAS"

"TRÄNENGAS"              P o l i z e i b e a m t e   b e i   s c h w e r e r   k ö r p e r l i c h e r   A r b e i t  ! ! !              "GUMMIGESCHOSSE"
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